Sonnwendfeuer und Herz-Jesu-Feuer in Tirol
Shownotes
Zur Sommersonnenwende lodern in Tirol beeindruckende Feuerbilder auf den Bergen – eine Tradition mit tiefen Wurzeln. Schon vor Jahrhunderten entzündeten die Menschen Feuer, um den längsten Tag des Jahres zu feiern. Heute organisieren lokale Vereine das Spektakel und setzen auf nachhaltige Materialien wie wachsgetränkte Holzbriketts. Auf der Seegrube über Innsbruck spricht Klaus mit Sigi Ploner, der seit 60 Jahren Feuerbilder gestaltet. Historiker Michael Span erklärt, wie die Herz-Jesu-Feuer ihren Ursprung in der Napoleonischen Zeit haben und warum sie sich mit den Sonnwendfeuern überschneiden. In der Tiroler Zugspitz Arena werden hunderte Lichtpunkte exakt platziert, um spektakuläre Motive zu formen – eine Kunst, die 2010 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurde. Von der Nordkette über die Kitzbüheler Alpen bis nach Osttirol erhellen Feuer den Nachthimmel – ein einzigartiges Schauspiel für alle, die Tiroler Tradition hautnah erleben wollen.
Links:
- Die schönsten Bergfeuer in Tirol findet ihr hier.
- Sigi Ploner und der Sonnwendring von Innsbruck
- Unser Youtube-Video zum Sonnwendfeuer
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Intro: Hörausflüge, der Tiroler Reisepodcast!
Thomas Koch: Mittlerweile machen wir unten ein Foto vom Tal aus im Frühjahr und da sitzt da unten im Tal und hat sein Bild neben sich stehen und navigiert oben eigentlich zwei oder drei Leute, per Telefonkonferenz, von einem Punkt zum anderen und lässt die Punkte setzen. Und das funktioniert relativ schnell, nachher ist das am Bergfeuertag selber schnell erledigt.
Lisa: Ja, das sagt Thomas Koch aus Lermoos. Er ist einer von vielen Bergfeurern auf der Zugspitze, im Außerfern in Tirol. Und am längsten Tag des Jahres lassen sie dort die Berge ganz spektakulär erleuchten.
Klaus: Man kann wirklich sagen, sie malen auf die Berge. Das sind Bilder mit so kleinen Feuerpunkten, ganz viele kleine Fackeln, werden so eben handpositioniert, dass es von unten ausschaut wie Edelweiße, wie Kreuze, wie Herzen, alles Mögliche malen sie da rauf.
Lisa: Und das ist sogar UNESCO Weltkulturerbe. In diesem Hörausflug wollen wir euch alle dorthin mitnehmen. Hallo und herzlich Willkommen zum Tiroler Reisepodcast mit Klaus Brunner…
Klaus: Und, wie immer, mit Lisa Prantl.
Lisa: Klaus, du warst ja 7 Jahre lang in Nicaragua.
Klaus: Ja genau.
Lisa: Als du zurückgekommen bist und zum ersten Mal wieder die Bergfeuer gesehen hast, waren sie ein bisschen spektakulärer, nehme ich an.
Klaus: Voll, also es hat mich schwer beeindruckt. Ich habe natürlich dann auch gleich Fotos gemacht und die nach Nicaragua geschickt. Und es hat mich aber schon auch an meine Kindheit erinnert, weil bei uns in der Gegend ist es nicht so, dass diese Feuerbilder gemacht werden, sondern einfach, da werden riesige Lagerfeuer entzündet und oft sieht man dann oben auf dem Grat der Berge so eine Lichterkette. Also es ist einfach spektakulär, im Juni wird es so gegen 22 Uhr dunkel, also wenn dann die Sonne untergeht und die Feuer aufgehen, das ist schon was Besonderes.
Lisa: Abends aufsteigen auf den Berg, im dunkeln da oben zu sein, diese Feuer. Also, ich kann gut nachvollziehen, warum so viele Menschen in Tirol das jedes Jahr machen, weil ohne die ginge es ja nicht. Also es ist ein riesiger Aufwand.
Klaus: Ja genau. Und deshalb habe ich mit jemandem gesprochen, der seit mehr als 60 Jahren diesen Brauch wirklich lebt. Das ist der Sigi Ploner vom Sonnwendring und er ist oben auf der Innsbrucker Nordkette dafür zuständig, dass das ganze Material ausgegeben wird und dass einfach die Sommersonnenwende reibungslos über die Bühne geht.
Lisa: Ja, und weil es meine Rolle ist, ein bisschen zu „gschafteln“, will ich jetzt gleich noch sagen, die Sommersonnenwende ja, aber in Tirol gibt es ja zwei Feuerbräuche, nämlich den Herz-Jesu-Brauch auch noch. Und da finden wir in dieser Folge noch raus, was das mit Napoleon zu tun hat. Aber ich würde vorschlagen, wir starten mal mit Sigi Ploner.
Klaus: Ich bin mit ihm hoch auf die Nordkette über Innsbruck raufgefahren und ich habe ihn gefragt, wann und wo er sein erstes Feuerbrennen erlebt hat.
Sigi Ploner: Am Achselkopf und da war ich ungefähr fünf Jahre. Und da haben wir oben auch übernachtet. Es war ein Riesenerlebnis, auch mit Gewitter und einem großen, tollen Feuer.
Klaus: Wenn man da jetzt noch nie dabei war, mir geht's selber so, ich erinnere mich sehr gern an meine Kindheit, ich war jetzt schon länger nicht mehr oben dabei, sondern hab's eher von unten angeschaut. Aber es waren einfach ganz tolle Momente. Wie würdest denn du diese Situation auch beschreiben?
Sigi Ploner: Äh ja, wenn man so da sitzt, am Berggrat oben, aus seinem Rucksacktraum eingehüllt, vielleicht in einem Biwaksack, wenn der Wind pfeift und man macht sich mit dem Gaskocher dann einen Tee und wenn man so nach Süden schaut, über den gesamten Alpenbogen, wenn man da vom Großglockner bis zu den Ötztaler Alpen alles sieht, das ist schon ein erhebendes Gefühl.
Klaus: Und jetzt ist es ja so, jetzt ist doch Innsbruck, die Nordkette, schon einfach ein besonderer Ort, eine besondere Location auch dafür. Wie gestaltet sich denn die Feier hier oben?
Sigi Ploner: Es ist geplant, die Stadt, die ja von der Nordkette eingerahmt ist, auch mit einer Feuerkette einzurahmen. Das Schönste wäre, wenn wir eine Feuerkette vom Achselkopf bis zur Kaisersäule in den Thaurer Bergen hätten. Wird zwar nicht vollständig sein, aber in Teilen ist sie sicher vorhanden und es ist für alle ein tolles Erlebnis, vor allem auch für die Leute in der Stadt, wenn die auf die Nordkette schauen und es ist toll eingerahmt.
Klaus: Dein Job ist ja die Materialausgabe, was braucht man eigentlich für ein ordentliches Sonnenfeuer?
Sigi Ploner: Also wir sind sehr darauf bedacht, dass von uns organisiertes Material nachhaltig ist, also ökologisch verträglich. Es dürfen keine Rückstände bleiben und das Verbrennen muss so erfolgen, dass möglichst wenig die Umgebung beeinflusst wird. Wir haben derzeit ein Wachsgetränk, das Holzgemisch als Briketts verpackt und das ist nochmal im Papier drin. Man braucht da circa pro Feuerstelle zwischen ein und drei Stück und mit zwei, drei Stück brennt dann die Feuerstelle, je nach Wind, ungefähr zwei, zweieinhalb Stunden.
Klaus: Und das klingt jetzt nicht ganz ungefährlich. Was sind denn so die Sicherheitsthemen, die man da beachten muss?
Sigi Ploner: Wir weisen die Feuerbrenner darauf hin, auf die alpinen Gefahren. Das ist mal erstens ordentliche Ausrüstung, beginnt beim Schuhwerk, mit wetterfester Ausrüstung und natürlich muss man auf die Gewitter achten und je nach Jahr, das ist nicht alle Jahre gleich, muss man natürlich auch schauen, dass auf den Graten noch mehr Schnee liegt und dass da Rutschgefahr und dergleichen, in solchen Bereichen sollte man kein Feuer entzünden.
Klaus: Jetzt ist es ca. 15 Uhr. Wie geht denn das weiter heute dann? Wann ist der Start?
Sigi Ploner: Bis 17 Uhr ist Materialausgabe und dann marschieren die einzelnen Vereine zu ihren Feuerstellen, die richten das her, dort wird schon ein bisserl, äh, ein bisserl gejausnet. Und um, äh, Viertel nach neun, also 21:15 Uhr, sollen dann so ziemlich gleichzeitig alle Feuer entzunden werden, so dass das, das Erlebnis, das Erwachen der Feuer am Berg gleichzeitig ist, dass man von der Stadt ein schönes Bild nachher hat.
Klaus: Also ich selber habe es in Innsbruck noch nie gesehen, ich stelle mir das wahnsinnig beeindruckend vor.
Sigi Ploner: Ja, es ist auch sehr schön, wie du vorher schon erwähnt hast, gibt es auch verschiedene Feuerzeichen, nicht nur Einzelfeuer. Wir haben voriges Jahr zum Beispiel ein Friedenszeichen am Hafelekar unter der Seilbahn drin gehabt. Dann war mal ein Steinbock da, aber Feuerspezialisten, die wirklich Profis sind, äh, bei der Figurenerstellung, die sind im, äh, Raum Lermoos-Ehrwald, die machen wirklich tolle, schöne Feuer. So weit sind wir nicht, äh, bei uns ist der Grat das Maßgebende. Und dass der Rahmen für die Stadt Innsbruck am Grat eingerahmt wird.
Klaus: Du bist jetzt seit 60 Jahren beim Sonnwendring? Beziehungsweise seit 60 Jahren bist du aktiver Feuerbrenner. Hast du vielleicht irgendwie spannende Anekdoten für uns oder was sind einfach so Momente, die da ganz besonders in Erinnerung sind?
Sigi Ploner: So besondere Momente hängen meistens mit den besonderen Wetterlagen ab. Wir haben schon wilde Gewitter miterlebt und haben dann schauen müssen, dass wir vom Berg herunterkommen. Wir haben schon Schneesturm gehabt und Hagel, also in allen Varianten, aber ich muss sagen, wir waren immer mit dem Herz dabei und das hat uns wieder erwärmt. Und wenn es gar nicht mehr gegangen ist, dann haben wir uns in eine Berghütte zurückgezogen. Wenn man gemeinsam mit Freunden am Berg ist, ist es schon ein ganz besonderes Erlebnis, mit Betonung jetzt am Berg, weil im Sinne einer Bergkameradschaft am Berg jeder auf den anderen auch angewiesen sein kann.
Klaus: Vielen Dank, Sigi Ploner, für das interessante Gespräch.
Sigi Ploner: Danke. Mitgeben möchte ich den Feuerbrennern: Passt auf auf euch, habt ein schönes Erlebnis und bindet zunehmend eure Kinder ein, damit die Sonnwendfeier auch in weiteren Jahrzehnten noch so gefeiert werden kann, wie wir sie derzeit haben.
Lisa: Ja, ich würde sagen, da schließen wir uns gleich an und wünschen allen Feuerbrennerinnen und Feuerbrennern eine schöne und vor allem sichere Sommersonnenwende am Berg. Das war ja für mich aus diesem Gespräch schon auch eindrücklich, dass man eigentlich am besten erfahren sein sollte im Bergsteigen, wenn man beim Feuerbrennen dabei sein möchte.
Klaus: Genau, um sicher bei einem Feuerbrennen teilnehmen zu können, ist es empfehlenswert, sich einer erfahrenen Gruppe oder einem Verein anzuschließen. Die sind mit den alpinen Gefahren bestens vertraut und sie können auch die Wetterbedingungen einfach gut einschätzen.
Lisa: Ja, bevor wir jetzt gleich hören werden, was uns Historiker Michael Span über Sonnenwendfeuer und die Tiroler Spezialität der Herz-Jesu-Feuer erzählen kann, habe ich noch ein paar kuriose Fakten über das Sonnenwendfest herausgesucht. Bist du bereit?
Klaus: Ich bin gespannt.
Lisa: Ja, wir haben ja schon gehört, dass die Sommersonnenwende in unterschiedlichen Bräuchen auf der ganzen Welt gefeiert wird. Ein Ort, wo diese uralte Tradition der Sonnenanbetung, die ja im Prinzip hinter diesem Brauch steht, besonders gefeiert wird, ist beim Steinkreiszeichen Stonehenge im Südwesten Englands. Diesem weltberühmten, das kennt sich ja jeder, jungsteinzeitlichen Monument, da treffen sich jedes Jahr zum 21. Juni nicht nur Touristinnen und Touristen, die ja oft dort hinreisen oder auch Einheimische, sondern auch moderne Druidinnen oder Druiden und Zauberinnen. Und das sieht wirklich nach einem riesigen Spektakel aus.
Klaus: Aha, und warum jetzt Druiden und Zauberinnen?
Lisa: Ja, es wird angenommen, dass die Sommer- aber auch die Wintersonnenwende dort an diesem Monument, bei Stonehenge, seit Jahrtausenden gefeiert wird. Und diese Steine, das weiß man nämlich, sind exakt auf den Sonnenstand der Sonnenwende ausgerichtet.
Klaus: Mhm, interessant. Jetzt aber bitte zurück nach Tirol, liebe Lisa.
Lisa: Gerne. Also, die Brücke ist folgende: Stonehenge ist, wie wir wissen, eine UNESCO-Weltkulturstätte. Aber wir haben auch in Tirol die UNESCO beeindruckt, und zwar mit den Bergfeuern an der Zugspitze in Ehrwald. Diese sind nämlich 2010 ins immaterielle Weltkulturerbe aufgenommen worden.
Klaus: Wow!
Lisa: Und damit noch ganz kurz ins Mittelalter. Damals wurden als Vorgänger der Sonnenwende Johannisfeuer angezündet und zwar in der Nacht vom 23. Juni. Damals war der Volksglaube, dass das Johannisfeuer Dämonen, Krankheiten, Missernten und Hagel abwehren könnte, dass es außerdem gut ist für Wachstum und Fruchtbarkeit auf Wiesen und Feldern. Und auch auf die Liebe soll das Johannisfeuer Einfluss genommen haben. Und zwar wurden verliebte Pärchen aufgefordert, Hand in Hand allen Mut aufzubringen und über's Feuer zu springen. Umso höher der Sprung, umso länger und besser sollte die Beziehung halten.
Klaus: Spannend. Mal schauen, ob meine Frau da mitmacht. Jetzt haben wir schon von den Sonnwendfeuern gehört, von den Herz-Jesu-Feuern und auch vom Johannisfeuer. Um in die Geschichte hinter diesen Bräuchen einzutauchen, habe ich mich mit Michael Span vom Tiroler Volkskunstmuseum getroffen.
Michael Span: In nahezu allen Kulturen hat Feuer einfach auch eine große symbolische Bedeutung und haben sich aus diesem Grund unterschiedliche Feuerbräuche entwickelt. Das Sonnwendfeuer ist ein Brauch, der sich bezieht auf den speziellen Verlauf der Sonne im Jahresrhythmus. Es ist ein Feuer, das entzündet wird im Rahmen der, auf der Nordhalbkugel, längsten Nacht des Jahres...
Klaus: Längsten Tag des Jahres!
Michael Span: Längsten Tag des Jahres. Oh, meine Güte, natürlich. Ja, und dieser längste Tag im Jahr hatte natürlich gerade in einer Zeit, als Menschen, gerade auch, wenn sie in der Landwirtschaft tätig waren, der Natur durchaus noch mehr ausgeliefert waren und auch in engerer Verbindung mit ihr arbeiten mussten, einfach eine wesentliche Bedeutung hatte. Da war das einfach ein, ein besonderer Tag im Jahr und rund um solche besonderen Tage im Jahr entwickeln sich eben Bräuche. Und Feuer ist eben ein Symbol, das bei diesen Bräuchen immer wieder zur Verwendung kommt.
Klaus: Und du hast es eingangs erwähnt, der Brauch ist uralt, aber weiß man das ungefähr, wie weit geht denn das zurück?
Michael Span: Ja, das, in der Volkskunde ist das mit Datierungen so eine Sache, weil das einfach sich vielfach auf Lebensbereiche, aber auch auf Zeiten in der Menschheitsgeschichte bezieht, die vor-schriftlich sind, das heißt mit schriftlichen Quellen ist da oft einmal nicht viel zu machen, die gibt's ganz einfach nicht. Im Falle von Feuerbräuchen an bestimmten besonderen Tagen im Jahr, da ist es sicherlich so, dass man sehr weit in der Geschichte zurückgehen kann, dass man in eine auch vorchristliche Zeit zurückgehen kann, weil auch damals bereits Feuer, Licht, einfach Symbole waren, die für die Menschen wichtig waren. Bergbeleuchtung gehörte zum Beispiel circa vor 200 Jahren bereits zum Standardrepertoire der TirolerInnen, wenn hoher Besuch kam. Das heißt, der Kaiser kommt zu Besuch zum Beispiel nach Tirol und man plant natürlich dann einen großen Empfang und man plant natürlich eine Show drumherum, das hat man auch damals so gemacht. Eine andere Bedeutung im Hinblick auf Bergfeuer führt schon auch noch weiter. Es ist einem vielleicht schon mal untergekommen, der Begriff von Kreidefeuern. Kreidefeuer sind auch ein ganz spannendes Phänomen, eine ganz spannende Sache, gerade auch im Hinblick auf Tirol. Das sind Signalfeuer, das heißt, das ist eine Form von Kommunikation im Notfall gewesen. Science-Fiction-Fans von heute kennen das vielleicht, ich weiß nicht, welcher Teil es ist, aber in 'Herr der Ringe', in den Filmen wurde das aufgegriffen. Die Möglichkeit einfach an gut und weithin sichtbaren Punkten, eben auf Bergkuppen zum Beispiel, Feuer zu entzünden, Rauchsäulen auszulösen auch, um über weite Strecken einfache Botschaften zu transportieren, nämlich eben 'Alarm' zum Beispiel. Das ist etwas, was durchaus auch in Tirol in der frühen Neuzeit genutzt wurde. Es gab Kreidefeuerordnungen, es gab Anweisungen, an welchen Stellen in welchem Notfall Feuer zu machen ist, damit es quasi, ergänzend dazu, dass zum Beispiel die Glocken Sturm geläutet haben, um quasi das ganze Land zu alarmieren, gab es Anordnungen, wo in diesem Fall Feuer zu machen ist. Also das ist auch ein Aspekt von Feuer am Berg, der glaube ich ganz spannend auch ist, der jetzt aber mit Herz-Jesu-Feiern und mit Sonnwendfeuern eigentlich nichts zu tun hat.
Klaus: Irgendwie, ist das ja nicht so klar. Einerseits spricht man von den Sonnwendfeuern, andererseits von den Herz-Jesu-Feuern. Könntest du das kurz erklären, was da der Unterschied ist?
Michael Span: Sonnwendfeuer sind etwas, was es in ganz unterschiedlichen Regionen gibt. Das gibt es in ganz Österreich, das gibt es über Österreichs Grenzen auch hinaus. Diese Herz-Jesu-Feuer sind durchaus etwas, was etwas spezifisch Tirolerisches ist. Im Rahmen der Kriege rund um die Französische Revolution haben sich verschiedene europäische Mächte zusammengetan, um das revolutionäre Frankreich irgendwie zu bekämpfen, irgendwie einzudämmen. Und im Rahmen dieser Kämpfe passierte es dann auch 1796, dass sich die französischen Armeen von Süden her der Tiroler Grenze annäherten. Und im Rahmen der Verteidigungsanstalten, die man dann traf, also man hat dann natürlich die Leute einberufen, man hat versucht, organisatorisch alles auf den Weg zu bringen, und zu diesen ganzen organisatorischen und militärischen Vorbereitungen dazu wollte man auch noch auf frommer, religiöser Ebene einen Punkt setzen, eine Aktion setzen, die irgendwie helfen sollte. Und es ist da so, dass die obersten politischen Vertreter des Landes Tirol sich damals dazu entschieden haben, ein Gelöbnis zu leisten. Und der hatte eben zum Inhalt: "Wenn diese Verteidigungsanstrengungen erfolgreich sein sollten, dann, geloben wir, werden wir in Zukunft jedes Jahr das Fest des Heiligen Herzen Jesu in besonderem Maße feiern." Und von da ist der Weg dann nicht mehr ganz so weit zu den Sonnwendfeuern, weil die Sonnwendfeuer finden im Juni statt und Herz-Jesu ist ebenfalls ein Fest, das im Juni stattfindet und da kam es dann eben in der weiteren Entwicklung dazu, dass es da Überlappungen und Verdrängungen auch gab zwischen dem Herz-Jesu-Fest und diesem Sonnenwendfest. Und es kam eben dazu, dass man begonnen hat, dieses Herz-Jesu-Fest, diese Herz-Jesu-Feiern zu verbinden mit diesem Feuerbrauch. Dann machte man eben kein Sonnenwendfeuer mehr, sondern man machte dann ein Herz-Jesu-Feuer. So kam es dazu, dass dieses Fest, Herz-Jesu, verbunden mit einem Feuerbrauch zu einem Tiroler Spezifikum wurde.
Klaus: Super, vielen Dank für diese interessanten Einblicke in die Tiroler Volkskunde.
Lisa: Ja, die Herz-Jesu-Feuer gehen also auf die Zeit des berühmten Andreas Hofer zurück. Wer schon einmal in Tirol war, hat den wertigen, als Freiheitskämpfer berühmt gewordenen Bauern ja vielleicht schon mal in der einen oder anderen Stube im Porträt hängen gesehen.
Klaus: Andreas Hofer und Napoleon, diese beiden Figuren gehören in Tirol untrennbar zusammen. Der Andreas Hofer ist auch heute, fast 230 Jahre später, immer noch sehr präsent hier bei uns. Michael Span hat mir erklärt, dass die Tiroler Landesstände damals beim Einmarsch der Truppen Napoleons feierlich versprochen haben, das Land dem heiligsten Herzen Jesu anzuvertrauen und diesem dann jedes Jahr aufs Neue zu gedenken. Sie haben dann relativ überraschend gesiegt gegen die Franzosen und so wurde der Herz-Jesu-Sonntag immer am dritten Sonntag nach Pfingsten gefeiert. Und seitdem werden in Tirol die Herz-Jesu-Feuer entzündet, nicht nur in Nordtirol, sondern auch in Südtirol.
Lisa: Ja und bevor wir jetzt langsam zum Ende finden, habe ich noch eine wichtige Frage an dich, Klaus, nämlich diese wirklich ausgefuchsten Motive, die wir bei den Sonnwendfeuern, aber auch bei den Herz-Jesu-Feuern von unten im Tal aus sehen, die bestehen ja aus einzelnen Lichtpunkten und ich frage mich, wie werden eigentlich die angebracht, sodass dieses Bild auch für uns unten im Tal zu erkennen ist? Hast du das nachgefragt?
Klaus: Mhm, es ist nicht einfach. Also ich habe dazu mit Thomas Koch aus Lermoos gesprochen. Er hat mir erklärt, wie er und seine Bergfeurer-Kollegen, so nennt man das, die Feurer, wie sie die rund 400 Lichtpunkte anbringen, um dann das gewünschte Motiv zu erhalten.
Thomas Koch: Früher haben wir die Technik gehabt, da hat man eine Mittellinie gespannt mit einer Schnur mit 200 Metern runtergespannt und die Flucht eingeschaut Richtung Dorf, wo man halt gesagt, das ist unser Punkt, wo wir einschauen. Und dann hat man mit rechten Winkeln, pythagoreischem Lehrsatz, ist die Grundmathematik wieder, zum Einsatz gekommen. Und da hat man halt die rechten Winkel, hat man, so an die 200 Punkte gemessen und die hat man untereinander verbunden und die Lichtpunkte gesetzt dann. Mittlerweile nehmen wir jetzt ein bisschen die moderne Technik, machen wir unten ein Foto vom Tal aus im Frühjahr und da sitzt da unten im Tal mit dem Spektiv und hat sein Bild neben sich stehen und navigiert oben eigentlich zwei oder drei Leute halt, per Telefonkonferenz, von einem Punkt zum anderen und lässt die Punkte setzen. Und das funktioniert relativ schnell, bist in einer Stunde fertig und nachher ist das am Bergfeuertag selber dann relativ schnell erledigt, die ganze Geschichte.
Lisa: Da hilft also inzwischen die modernste Technik mit. Ein Spektiv ist einfach ein ganz besonders starkes Fernrohr.
Klaus: Was mich auch noch sehr beeindruckt hat, der Rucksack von Thomas und seinen Feurer-Kollegen und Kolleginnen bringt es auf 30 Kilo. Fackeln, Proviant und auch das eine oder andere Bier wollen da auf den Berg raufgeschleppt werden.
Lisa: Puh, ja und wer jetzt schon ganz gespannt auf die Bergfeuer ist, der reist am besten um den 21. Juni nach Tirol. Bis dahin haben wir in den Shownotes alle Infos und Links zu den schönsten Bildern zusammengefasst.
Klaus: Das war's auch schon von unserem heutigen Hörausflug. Wir hoffen, euch hat es genauso Spaß gemacht wie uns.
Lisa: Vielen Dank fürs Zuhören. Wir freuen uns, wenn ihr auch beim nächsten Hörausflug wieder mit dabei seid.
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