Almen in Tirol: Zwischen Tradition und Zukunft

Shownotes

Was ist eigentlich eine Alm? Die Tiroler Almen sind mehr als nur idyllische Weiden – sie sind Lebensraum, gelebte Tradition und ein wichtiger Teil nachhaltiger Bewirtschaftung. Warum sind sie heute noch wichtig? Welche Rolle spielen sie für Natur, Landwirtschaft und Genuss? Lisa und Klaus erleben den Almauftrieb im Kaunertal, wo hunderte Kühe auf die Sommerweiden ziehen. Spezialist für Almwirtschaft Peter Fuchs erklärt, warum die Tiere nicht nur grasen, sondern aktiv zur Landschaftspflege beitragen und hochwertige Almprodukte wie frische Milch, cremigen Käse und zartes Fleisch liefern. Marina Hausberger vom Naturpark Karwendel verrät, wie Freiwillige anpacken, damit Tirols Almen nicht von der Bildfläche verschwinden. Jetzt reinhören in Hörausflüge – Der Tiroler Reisepodcast mit Lisa & Klaus!

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00:00:06: Lisa: Hörausflüge der Tiroler Reisepodcast

00:00:11: Klaus: hörausflug auf die Alm mit Lisa Brandl und

00:00:14: Lisa: Klaus Brunner.

00:00:15: Lieber Klaus, was ist denn deine erste Assoziation wenn es um Almen geht?

00:00:19: Klaus: Hm, also ich habe schon Kindheitserinnerungen dran, weil

00:00:22: meine Großeltern, die hatten eine Alm beim Achensee und das war

00:00:26: halt für mich als Kind wie so ein großer Abenteuerspielplatz,

00:00:29: also es war total interessant, natürlich viele Kühe waren da oben.

00:00:33: Ich weiß auch noch genau, wie es da gerochen hat, also im positiven Sinne,

00:00:36: wobei es gab auch ein Plumpsklo.

00:00:38: Und da erinnere ich mich an das frische Quellwasser zum Beispiel aus

00:00:42: dem Brunnen, also es war einfach toll.

00:00:43: Lisa: Klingt unglaublich idyllisch und das ist eine Frage, die wir in dieser

00:00:47: Episode beantworten wollen, nämlich ist das Arbeiten auf der Alm wirklich so

00:00:51: idyllisch und es ist ja ein bisschen ein Trend, dass man ein bisschen aussteigt

00:00:57: aus der Gesellschaft für ein paar Monate.

00:00:58: Harte Arbeit, viel frische Luft, wie ist es eigentlich

00:01:01: wirklich auf der Alm zu arbeiten?

00:01:03: Klaus: Ja, ich habe es nie ausprobiert, aber ich weiß, dass

00:01:05: viele von denen, die dort arbeiten, das sind so boschtige Manda.

00:01:09: Da wären wir bei unserem Dialekt-Quiz.

00:01:10: Lisa: Was sind boschtige Manda?

00:01:12: Wir werden es herausfinden.

00:01:13: Vorher Klaus, warst du für uns bei einem Almauftrieb dabei.

00:01:16: Klaus: Genau, weil Almabtriebe kennt man ja.

00:01:18: Was man viel seltener sieht, ist so ein traditioneller Almauftrieb.

00:01:22: Ich war da im Kaunertal und das war wirklich spektakulär.

00:01:25: Da gibt es viele Bauern und Bäuerinnen, die haben nur ein paar Stück Vieh und

00:01:28: die werden dann so Stück für Stück quasi, die kommen zusammen und werden dann

00:01:32: zusammen getrieben und dann geht es zu Fuß kilometerweit auf die Bergalm hinauf

00:01:37: und das ist ein richtiges Spektakel.

00:01:40: Hirte 1: Es ist schön, wenn man wieder da ist.

00:01:42: Jetzt fängt der Sommer an.

00:01:43: Man sieht es gerne.

00:01:45: Hirte 2: Es ist ein schönes Gefühl, wenn man wieder auf die Alm hinauf fährt.

00:01:50: Man freut sich schon das ganze Jahr darauf, dass es wieder losgeht.

00:01:55: Und natürlich, dass Mensch und Tier wieder gesund im Herbst ins Tal kommen.

00:02:03: Lisa: Ja das sagen die Hirten aus dem Kaunertal.

00:02:05: Waren da auch boschtig dabei, Klaus?

00:02:07: Klaus: Ja, im Kaunertal sagt man das wahrscheinlich anders, aber

00:02:10: da waren viele boschtige Manda.

00:02:12: Boschtig heißt einfach bärtig und dazu gibt es auch eine Anekdote.

00:02:17: Früher war es so, dass die Senner, die quasi den Käse oben

00:02:20: auf der Alm hergestellt haben.

00:02:22: Die haben sich einen Bart wachsen lassen und diesen erst im Herbst abrasiert nach

00:02:26: der Alm-Saison, wenn der Bauer, also quasi ihr Arbeitgeber, sie ausbezahlt hat.

00:02:31: Also das war schon ein gewisser Druck für die Bauern, glaube ich dass sie

00:02:34: einfach eine gute Zahlungsmoral haben.

00:02:36: Lisa: Ziemlich schlau.

00:02:37: Ob sich auch unser erster Gast Peter Fuchs einen Bart stehen hat lassen, als

00:02:41: er auf der Alm gearbeitet hat, habe ich ihn leider nicht gefragt, aber er war

00:02:44: zwölf Sommer lang auf Almen unterwegs und setzt sich heute beruflich für den

00:02:48: Erhalt der rund 2000 Almen in Tirol ein.

00:02:52: Ich habe ihn als erstes gefragt, ob das so stimmt, dass die Kühe

00:02:55: sozusagen auf der Alm Urlaub machen.

00:02:57: Peter Fuchs: In gewisser Weise kann man das so sagen.

00:02:59: Also es geht ihnen gut auf der Alm, sofern sie gut gehalten werden.

00:03:03: Es ist sowieso immer ganz wichtig, dass die Mensch-Tier-Beziehung passen muss.

00:03:06: Die Temperaturen kommen ihnen entgegen, es kommt ihnen der tägliche Weidegang

00:03:10: entgegen, das ist an sich sehr, sehr gut.

00:03:12: Egal ob das jetzt eine trächtige Kuh ist oder auch ein Jungrind ist, aber

00:03:17: sie arbeiten natürlich auch oben.

00:03:19: Also unsere Kühe unsere Nutztiere sind hart arbeitende Tiere, die

00:03:25: viel fressen die ganze Zeit, das wiederkauen und daraus gewinnen

00:03:29: wir dann auch die tollen Produkte.

00:03:31: Ob das jetzt Milch oder Fleisch oder was auch immer ist, das muss ja durch

00:03:36: dieses Gras, das für uns überhaupt gar nicht anders nutzbar gemacht werden kann,

00:03:41: erst von den Tieren veredelt werden.

00:03:43: Also sie sind Arbeiter in dem Sinne, dass sie für uns die Lebensmittel machen.

00:03:47: Und ganz, ganz wichtig, ihre Arbeit ist es auch, die die Alm erst erhält.

00:03:52: Das wird ganz häufig vergessen, dass wir, wenn wir die Nutztiere

00:03:55: nicht oben hätten, dann haben wir die ganze Almparadies-Schönheit,

00:03:59: die wir so gerne bewandern, wo wir Skifahren, Tourengehen, Radfahren,

00:04:03: hätten wir nicht, weil die natürliche Vegetation der Almregionen wäre Wald.

00:04:08: Klaus: Ja, einerseits sind die Weidetiere auf der Alm also besonders wichtig

00:04:12: für die Landschaftspflege in Tirol und andererseits entstehen dort oben auch

00:04:16: ganz besonders wertvolle Lebensmittel, etwa Joghurt, Käse oder frische Milch.

00:04:21: Lisa: Genau, also Peter Fuchs hat mir erklärt, dass sich

00:04:23: sowohl die Lebensumstände.

00:04:25: Also die viele Bewegung und frische Luft, aber eben auch die Nahrung

00:04:28: der Tiere positiv auswirken.

00:04:30: Bis zu 70 verschiedene Kräuter wachsen auf so einem Quadratmeter Almwiese.

00:04:34: Milch und Fleisch der Almkühe sind dadurch besonders nährstoffreich und das

00:04:39: ist sogar wissenschaftlich nachgewiesen.

00:04:42: Peter Fuchs: Dort oben werden unter Voraussetzungen, die

00:04:44: sie auch im Lebensmittel niederschlagen, Lebensmittel erzeugt.

00:04:48: Vor allem natürlich aus der Milch, die wir von den Kühen bekommen, also

00:04:51: Käse, Butter, Topfen etc., die höhere ernährungsphysiologische Werte aufweisen.

00:04:57: Was zum Beispiel die Fettzusammensetzung der Omega-3, Omega-6-Fettsäuren anbelangt

00:05:02: was den Vitamin-E-Gehalt anbelangt.

00:05:05: Lisa: Und womit hängt das eigentlich genau zusammen, dass der Käse oder die

00:05:08: Butter von der Alm nahrhafter ist als die Butter, die im Tal produziert wird?

00:05:13: Peter Fuchs: Das ist ein vielfältigeres Futter, das ist ein nicht so

00:05:15: intensiv und schnell gewachsenes Futter, das aus vielen, vielen

00:05:18: Gräsern und Kräutern besteht.

00:05:21: Und dann kommt dazu, dass die Tiere, die weiden, ein sehr hohes Tierwohl

00:05:26: genießen, dass die Sonneneinstrahlung gut ist für die Kühe, das Bewegen gut ist

00:05:30: und das schlägt sie tatsächlich auf die Zusammensetzung der einzelnen Bestandteile

00:05:35: der Milch und das geht ja dann in den Käse und in die Butter , nieder.

00:05:38: Lisa: Was ja viele nicht wissen, wenn sie in Tirol auf die Berge

00:05:41: schauen, auf die Berglandschaft.

00:05:42: Dieses Schachbrettmuster, die natürliche Vegetation wäre Wald,

00:05:45: die Berge werden alle bewaldet, also bis natürlich in die Höhen, wo die

00:05:49: Waldgrenze ist, dann nicht mehr.

00:05:51: Aber was kannst du uns denn darüber erzählen?

00:05:54: Da spielt ja diese jahrhundertelange Tradition der Almwirtschaft

00:05:56: schon auch eine große Rolle.

00:05:58: Wie ist es denn entstanden in Tirol, dass wir die Tiere im

00:06:02: Sommer auf die Berge treiben?

00:06:03: Peter Fuchs: Jahrhunderte ist eine dezente Untertreibung.

00:06:06: Es sind Jahrtausende wie die Forscher sagen, wo nachgewiesenermaßen

00:06:10: also fünf-sechs Jahrtausende.

00:06:12: Ötzi war quasi auch schon ein Almbauer, wo Menschen ihre Tiere, Schafe in erster

00:06:18: Linie dann in die höheren Regionen, das ist ja auch so ideal, dass die leichteren

00:06:23: Tiere, die steilen höheren Regionen freihalten und dann ab dem Waldgürtel,

00:06:29: der zuerst einmal gerodet hat werden müssen, um dort Weidefläche zu gewinnen.

00:06:34: Dass das sozusagen etwas ist, das über Jahrhunderte durch wirklich

00:06:39: harte harte Arbeit so gewonnen ist, wie wir es jetzt genießen.

00:06:44: Und diese Tradition, die setzt sich natürlich heute fort.

00:06:48: Natürlich gibt es heute eine moderne Technik auf der Alm auch, aber es ist

00:06:52: immer noch eine ganz, ganz harte Arbeit.

00:06:54: Also ich war selber zwölf Sommer auf Almen und ich kann ohne Übertreibung

00:06:59: sagen, dass es eine immer noch richtig harte Arbeit ist mitunter.

00:07:04: Aber eine wunderschöne beglückende Arbeit natürlich, weil sie in dieser

00:07:08: sehr langen Tradition eben auch steht und weil man mit den Tieren,

00:07:13: die einen schon alles abverlangen, aber auch viel Freude hat einfach.

00:07:16: Lisa: Zu seinen zwölf Almsommern wollte ich dann natürlich gleich mehr

00:07:20: wissen und habe Peter Fuchs gleich mal gefragt, ob das romantische

00:07:23: Bild, das ich mir zum Beispiel von so einem Almsommer mache, eigentlich

00:07:27: der Wahrheit zumindest nahe kommt.

00:07:29: Und natürlich auch, was man mitbringen muss, wenn man einmal

00:07:33: auf der Alm mitarbeiten möchte.

00:07:35: Peter Fuchs: Man soll sich selber die Frage stellen, was will ich dort oben?

00:07:39: Und wenn ich diese Romantik zuvorderst habe, dann bin ich

00:07:42: wahrscheinlich nicht derjenige, der dort oben besonders glücklich wird.

00:07:46: Es gibt viele Fälle, wo Leute diese romantische Vorstellung rauftragen

00:07:50: und relativ schnell, nach einer Woche, zwei Wochen, manchmal

00:07:54: schon nach einem Tag drauf kommen.

00:07:55: Nein, das ist ja ganz was anderes.

00:07:56: Das ist ja harte Arbeit.

00:07:57: Wobei es natürlich ganz unterschiedliche Almen gibt.

00:08:00: Also eine Jungtier-Alm, wo ich unter Anführungszeichen nicht melken

00:08:04: muss, wo ich nur schauen muss, dass es ihnen gut geht, das ist

00:08:07: auch Arbeit, das ist eh ganz klar.

00:08:09: Ist nicht so arbeitintensiv wie eine Melk-Alm oder eine Senn-Alm.

00:08:13: Das ist sicher die Champions League mit der meisten Arbeit.

00:08:16: Also man kann da schon Abstufungen treffen, das sollte man sich

00:08:19: vorher eben auch überlegen, was will ich dort oben machen.

00:08:22: Bin ich bereit, wirklich herausfordernde Situationen, Wetterextreme etc.

00:08:28: anzunehmen, die es auch irgendwo zu überstehen, ohne dass ich

00:08:30: gleich nach der Feuerwehr schreie, weil die gibt es da oben nicht.

00:08:33: Natürlich werden mir die Almbauern oder so zur Hilfe eilen, wenn jetzt zum Beispiel

00:08:36: ein Wintereinbruch ist, ganz klar.

00:08:38: Aber da ist dann jeder dermaßen gefordert und eben auch teilweise überfordert.

00:08:41: Und wenn man sowas überhaupt nicht mag, dann soll man auch

00:08:43: nicht raufgehen, finde ich.

00:08:45: Also diese Fragen soll man sich stellen.

00:08:47: Dann soll man sich grundsätzlich stellen, will ich da allein rauf.

00:08:50: Also es gibt ja viele Almen, die einer alleine schmeißen muss, das habe ich

00:08:53: auch gemacht, oder im Team arbeiten.

00:08:56: Körperliche Fitness ist natürlich keine schlechte Voraussetzung und wird

00:08:59: schon ein bis zu einem gewissen Grad vorausgesetzt, aber ich sage immer,

00:09:03: das war bei mir auch so, dass ich fit geworden auf der Alm, so richtig.

00:09:08: Also niemals in meinem Leben war ich so fit, als ich in der Zeit, wo ich halt

00:09:13: tagtäglich immer körperlich gefordert und gefördert sozusagen worden bin.

00:09:17: Das kommt, das stellt sich ein.

00:09:20: Aber die psychische, emotionale Voraussetzung, die muss man bis

00:09:23: zu einem gewissen Grad mitbringen.

00:09:24: Klaus: Ja, das sagt Alm-Experte Peter Fuchs.

00:09:27: Mir fällt noch was ein zu Almen.

00:09:29: Da gibt es ja so ganz einen berühmten Spruch auf der Alm, da gibt es kein Sünd.

00:09:33: Lisa: Das hat man schon mal gehört.

00:09:35: Aber wer uns bestimmt sagen kann, warum das überhaupt gesagt wird, ist...

00:09:39: Klaus: Die Goas die alles woas.

00:09:44: Goas: Es heißt ja oft, auf der Alm gibt es keine Sünde.

00:09:47: Woher das kommt, das schauen wir uns jetzt an.

00:09:49: Die Zeit auf der Alm war damals wie heute von großer Freiheit geprägt, weil je

00:09:54: weiter oben die Alm war, desto weniger Leute haben sich auch rauf verirrt.

00:09:58: Und wo wenig Leute sind, sind natürlich auch weniger wachsame Augen,

00:10:01: die alles bewerten, was man tut.

00:10:03: Das hat halt auch die Fantasie im Tal beflügelt, weil man dachte, dass viel mehr

00:10:06: Sündiges passiert, wenn jemand hinschaut.

00:10:08: Aber eh schon wissen, wo kein Moralapostel, da keine Sünd.

00:10:11: Die Kirchen hat vielleicht deshalb irgendwann einmal verlangt, dass

00:10:14: die Sennerinnen vor und nach der Almsaison beichten gehen.

00:10:17: Bis sie dann überhaupt das Sennerinnenverbot ausgesprochen hat.

00:10:20: Da hat sich freilich niemand dran gehalten und die Kirchen hat einlenken müssen.

00:10:24: Aber sie hat trotzdem nur ein Dokument verlangt das die moralische

00:10:27: Eignung zum Almgang bestätigt hat.

00:10:29: Das haben sich dann meistens ältere Bäuerinnen geholt und

00:10:31: an die Jungen weitergegeben.

00:10:33: Der Satz auf der Alm, da gibt es keine Sünd, ist übrigens das

00:10:35: erste Mal im Jahr 1841 belegt.

00:10:38: Im Gedicht Alpenunschuld von Johann Nepomuk Vogel.

00:10:41: Da erzählt Vogel von einer singenden Sennerin, die ihm in

00:10:44: ihrer Hütte Herberge anbietet.

00:10:45: Und wahrscheinlich nicht nur das, so wie der Autor schwärmt.

00:10:48: Damit hat er halt das Klischee auch weiter beflügelt.

00:10:51: Ob es stimmt oder nicht, wissen wir natürlich nicht.

00:10:53: Geht aber eigentlich auch niemandem was an.

00:10:56: Lisa: Ja, soviel zu den Klischees über die Almen.

00:10:59: Zurück zur Realität Es ist so unglaublich wichtig, die Almen zu erhalten,

00:11:03: aber warum ist das eigentlich so?

00:11:05: Warum tummeln sich so viele Tiere und Lebewesen in den Almwiesen?

00:11:08: Das habe ich Marina Hausberger vom Naturpark Karwendel gefragt und wir haben

00:11:13: sie natürlich auf der Alm getroffen.

00:11:16: Liebe Marina, wir sind hier auf der Arzler Alm.

00:11:19: Das liegt ja genau zwischen dem urbanen Raum.

00:11:22: Wir sehen unter uns die Stadt Innsbruck und hinter uns die Nordkette, wo

00:11:26: ja der Naturpark Karwendel beginnt.

00:11:29: Ein Naturschutzgebiet für das du mitverantwortlich bist.

00:11:32: Was müssen wir denn wissen über den Naturpark Karwendel?

00:11:35: Marina Hausberger: Ja, also wir sind hier auf der Arzler Alm, also ganz im

00:11:40: südlichen Bereich vom Naturpark Karwendel.

00:11:43: Direkt bei der Arzler Alm geht eigentlich die Schutzgebietsgrenze

00:11:46: durch und alles, was quasi nördlich von uns ist, ist Schutzgebiet.

00:11:51: Und wir haben im Naturpark Karwendel also der Naturpark Karwendel hat

00:11:56: 740 Quadratkilometer, also einen riesigen Fleck und ist auch der

00:12:03: größte Naturpark in ganz Österreich.

00:12:06: Im Naturpark Karwendel haben wir verschiedene Ökosysteme, die in Europa

00:12:12: auch recht selten geworden sein.

00:12:14: In den Ökosystemen sind verschiedene Pflanzen- und Tierarten

00:12:19: beheimatet, die man in Europa auch nicht mehr so oft findet.

00:12:22: Deswegen ist das Karwendel auch schon ein ganz besonderer Platz und vor allem auch

00:12:26: ein ganz wichtiger Platz, um verschiedene Arten und Ökosysteme zu erhalten.

00:12:31: Lisa: Ein besonderes Ökosystem ist ja auch die Almwiese, was viele gar nicht wissen.

00:12:35: Und man fragt sich vielleicht, die Arzler Alm ist nicht die einzige

00:12:38: Alm im Naturpark Karwendel, sondern ich glaube, es gibt ziemlich viele.

00:12:42: Wie passt eigentlich Naturschutz und so eine Almwirtschaft mit Kühen

00:12:46: oder Schafen oder Ziegen zusammen?

00:12:49: Marina Hausberger: Also die Arzler Alm, das ist eine von unseren 101 Almen.

00:12:55: Also es gibt außer der Arzler Alm noch 100 im Naturpark Karwendel.

00:13:00: Die noch bewirtschaftet sind.

00:13:01: Also wir sind sehr almenreich und Naturschutz und Almwirtschaft

00:13:06: passt eigentlich sehr gut zusammen.

00:13:08: Vor allem wenn man von der extensiven Almwirtschaft spricht, wie sie ja

00:13:12: bei uns meistens praktiziert wird.

00:13:15: Dann kann man da mit ruhigem Gewissen sagen, dass wir auf den Almflächen richtig

00:13:19: hohe Artenvielfalt haben und das sehr artenreiche Hotspots im Naturpark sind.

00:13:25: Also gerade auf den Almflächen, da hat man ja Bereiche, die offen sind und dann auch

00:13:32: wieder Bereiche, die geschlossen sind.

00:13:34: Also Übergangsbereiche von Wiesen und Wäldern und Gebüschen.

00:13:39: Und gerade in den ganzen Nischen findet man eben spezielle Arten,

00:13:44: die sich eben da ansiedeln können.

00:13:46: Vor allem sind Almflächen recht strukturreich.

00:13:49: Also es gibt da steilere Bereiche, flachere, schattige,

00:13:53: sonnige, feuchte, trockene.

00:13:55: Und die ganzen Eigenschaften sind eben oft einmal gut, damit sich eben ganz

00:14:00: verschiedene Arten ansiedeln können.

00:14:02: Lisa: Jetzt sehen wir unter uns ein paar junge Kühe, die fühlen

00:14:06: sich da sichtlich wohl und grasen.

00:14:08: Gibt es eigentlich auch Almflächen ohne Tiere?

00:14:12: Ist das auch vorstellbar?

00:14:14: Marina Hausberger: Ja, also Almflächen ohne Tiere gibt es auch.

00:14:18: Das sind dann zum Beispiel die Bergmähder, wo man dann die Wiesen mäht

00:14:22: und wo jetzt keine Weidetiere weiden.

00:14:24: Die Bergmähder bleiben durch das offen, dass man mäht aber auf die meisten Almen

00:14:29: im Karwendel bei uns hat man Weidetiere, die eben da grasen auf die Weideflächen

00:14:35: und so die Landschaft offen halten.

00:14:37: Also wenn die nicht da grasen dann kommen wieder junge Bäume auf, junge

00:14:42: Gebüsche und so weiter und dann dauert es nicht lang und man hat da

00:14:45: keine Almwiesen mehr, sondern dann ist das wieder so ein Waldstandort.

00:14:49: Lisa: Und wenn ich das richtig verstanden habe, dann will man das vermeiden,

00:14:54: dass es wieder ein Waldstandort wird?

00:14:56: Marina Hausberger: Ja, genau.

00:14:56: Also Wald hat man ja sehr viel in Österreich und der Wald wird da

00:15:01: immer mehr, also die Waldfläche.

00:15:02: Und so Almwiesen werden eher weniger, weil viel verwaltet.

00:15:08: Und deswegen will man eigentlich das, was man jetzt noch hat an Almflächen,

00:15:12: das will man eigentlich erhalten, damit das noch in die nächsten Generationen

00:15:17: eben so weitergegeben werden kann.

00:15:19: Und dass man auch die Orten die auf den Almflächen beheimatet

00:15:22: sind, auch noch weiterhin hat.

00:15:25: Lisa: Kannst du uns da ein paar Beispiele geben von Arten.

00:15:27: Es summt und krabbelt wahrscheinlich in den Wiesen viel, viel mehr, als wir das so

00:15:32: wahrnehmen, weil wir nur so durchwandern.

00:15:34: Was leben da für Tiere, die wir vielleicht nicht wahrnehmen, aber

00:15:36: die total wichtig sind für uns?

00:15:38: Marina Hausberger: Also auf allen Wiesen da hat man jetzt gerade von

00:15:40: den Pflanzenarten her, wenn man so über eine Almwiese geht, gerade so

00:15:45: im Juni, Anfang Juli da ist ja alles bunt und da hat man verschiedene

00:15:50: Orchideenarten, wie jetzt Knabenkräuter, da hat man die Enzianarten wie den

00:15:55: Kalkenzian zum Beispiel, den kennen die meisten oder auch den gelben Enzian.

00:16:00: Und an jeder von den Blütenpflanzen hängen ungefähr zehn Insektenarten dran.

00:16:05: Also wenn eine von den Blütenarten da verschwindet oder von den

00:16:08: Blumenarten, dann verschwinden eben auch Insektenarten damit.

00:16:12: Dann gibt es auch bestimmte Vögel, die gerne auf Almflächen oder gerade

00:16:16: auch im Übergangsbereich zwischen Almfläche und Wald unterwegs sind.

00:16:20: Das ist zum Beispiel der Zitronenzeisig oder die Ringdrossel.

00:16:24: Also wenn man sich einmal auf einer Almwiese setzt und ein bisschen

00:16:28: beobachtet, dann kann man ganz, ganz viele verschiedene Arten entdecken.

00:16:32: Lisa: So eine Almwiese braucht ja auch Pflege und das wird

00:16:37: natürlich alles von Hand gemacht.

00:16:38: Jetzt haben vielleicht weniger Menschen Zeit, den ganzen Sommer auf einer

00:16:43: Alm mitzuhelfen oder mitzuarbeiten.

00:16:46: Ist das auch eine Herausforderung für die Almen im Karwendel

00:16:49: und wie geht man damit um?

00:16:50: Marina Hausberger: Ja genau, das ist glaube ich gerade das Thema, das viele

00:16:55: Leute, die jetzt nicht viel mit Almen zu tun haben, die das nicht sehen, das Thema,

00:17:00: dass so ein Alm sehr, sehr viel Arbeit ist, das so zu erhalten, wie das ist.

00:17:05: Und früher hat es ja fast auf jeder Alm einen Almputzer gegeben.

00:17:10: Das waren Leute, die waren den ganzen Sommer auf der Alm oben und

00:17:14: haben da eben geschaut, dass die Weideflächen von Steinen befreit

00:17:18: werden, dass die entbuschen.

00:17:20: Die haben gezäunt zum Beispiel.

00:17:23: Also die haben einfach geschaut, dass die Weidefläche so gut wie möglich

00:17:26: gepflegt ist, damit das Vieh auf der Alm kommt Genug zum Fressen hat.

00:17:30: Die haben das damals gemacht, das hat mir mal ein Landwirt erzählt, für

00:17:34: ein Stück Butter und ein Paar Schuhe.

00:17:37: Und natürlich für Kost und Logis waren die den ganzen Sommer auf der Alm und so

00:17:42: sind die da ihrer Arbeit nachgegangen.

00:17:44: Und heute ist das natürlich anders.

00:17:45: Die Landwirtschaft hat sich verändert, auch die Almwirtschaft hat sich verändert.

00:17:49: Die meisten Bauern arbeiten ja im Nebenerwerb.

00:17:52: Und haben einfach auch nicht mehr so viel Zeit.

00:17:54: Und für ein Paar Schuhe und ein Stück Butter geht jetzt

00:17:57: auch keiner mehr arbeiten.

00:17:59: Deswegen bleibt die Arbeit jetzt oft liegen.

00:18:02: Und das ist auch das Problem auf vielen Almen, dass es verbuscht, dass

00:18:05: es versteint und dass dann gewisse Flächen einfach nicht mehr nutzbar sind.

00:18:11: Und da schauen wir vom Naturpark Karwendel eben auch, dass wir

00:18:15: da ein bisschen helfen können.

00:18:16: Mit unserem Freiwilligenteam, dem Team Karwendel, unterstützen wir

00:18:20: da die Almbauern bei der Almpflege.

00:18:22: Lisa: Kannst du mir das ein bisschen erzählen, wie so ein

00:18:25: Tag gemeinsame Almpflege abläuft?

00:18:29: Marina Hausberger: Also wir haben auf der Homepage einen Bereich, wo

00:18:33: wir verschiedene Aktionen, also Team Karwendel Aktionen, ausschreiben.

00:18:37: Das sind eben viele Almpflegeaktionen aber es gibt auch Artenschutzprojekte

00:18:42: oder Biotoppflegeprojekte, wo man sich eben als Privatperson anmelden kann.

00:18:48: Und dann ist das zum Beispiel ein Wochenende auf der Arzler Alm,

00:18:53: wo man sich in der Früh trifft.

00:18:55: Dann wird ein bisschen überlegt, was gemacht wird.

00:18:58: Es wird geschaut, wie schauen die Flächen aus, was ist zu tun.

00:19:01: Und dann kriegt jeder ein Werkzeug in die Hand gedrückt,

00:19:03: bekommt erklärt, was zu tun ist.

00:19:05: Und dann wird da gemeinsam den ganzen Tag gearbeitet.

00:19:08: Es gibt immer gute Jausen.

00:19:09: Die Stimmung ist meistens gut.

00:19:11: Am Ende des Tages, wenn alle recht müde werden, dann... Ja, es sind alle

00:19:16: froh wenn der Tag vorbei ist oftmals.

00:19:18: Man unterschätzt es auch oft, wie hart die Arbeit ist, wenn man den ganzen Tag da in

00:19:22: den Hanglagen steht und Latschen schwendet zum Beispiel oder die Steine wegräumt.

00:19:27: Aber das Gute an der Arbeit ist, finde ich immer, dass man am Ende

00:19:31: des Tages sieht, was man getan hat.

00:19:32: Und das ist ja oft heute nicht mehr so, wenn man den ganzen Tag vor dem Computer

00:19:36: sitzt und tausend E-Mails beantwortet und am Ende des Tages weiß man gar

00:19:39: nicht mehr, was man alles gemacht hat.

00:19:40: Das ist auf der Alm nicht so.

00:19:42: Also da ist es definitiv du siehst die Fläche danach und siehst genau, was du

00:19:47: getan hast und was du geschafft hast.

00:19:48: Und deswegen ist das, glaube ich, auch so eine befriedigende Arbeit für viele Leute.

00:19:53: Weil das vielleicht in vielen Jobs heute fehlt.

00:19:57: Lisa: Ich finde das spitze, dass man für den Naturschutz so aktiv was machen kann,

00:20:01: weil oft ist es ja das Hauptaugenmerk, dass man ganz viele Dinge nicht

00:20:04: machen sollte oder weglassen sollte.

00:20:07: Bestimmt eine coole Sache, wenn man mal ein, zwei Tage als Freiwilliger seine

00:20:10: Zeit einbringen kann für den Naturschutz.

00:20:13: Neben den Weideflächen für die Nutztiere in Tirol und natürlich neben dem großen

00:20:17: Wert für die Biodiversität, gibt es noch etwas, was wir unbedingt wissen sollten

00:20:22: über die Funktionen von Almen, die wir jetzt noch nicht besprochen haben.

00:20:25: Marina Hausberger: Ja, also es gibt da ein Thema für das Almflächen, also wenn

00:20:30: sie bewirtschaftet sind, gut sind noch.

00:20:32: Und das ist eigentlich Schutz vor Naturgefahren.

00:20:35: Also wenn man sich vorstellt, wenn keine Viehe mehr auf die Alm

00:20:38: gehen, dann wächst ja in den ersten Jahren einfach das Gras ganz lang.

00:20:43: Also es wird nicht mehr abgefressen, sondern man hat einfach ganz langes Gras

00:20:46: das verfilzt dann so und ist dann wie so eine undurchlässige Matte über dem Boden.

00:20:52: Und gerade das Thema ist ein großes Thema zum Hochwasserschutz.

00:20:57: Also wenn du so langes Gras hast auf den Almflächen dann hast du wenig

00:21:01: Wasser, das versickern kann und ganz viel Oberflächenwasser, das abfließt.

00:21:06: Und das kann ein Thema sein, was Beispiel Hochwasser im Tal oder

00:21:10: in die Tallagen fördern kann.

00:21:12: Und das zweite Thema, das sind die Lawinen.

00:21:14: Gerade auf dem langen Gras in die steilen Lagen können Lawinen leichter abrutschen

00:21:20: und auch die Bodennarbe aufreißen.

00:21:22: Also wenn das lange Gras dann in den Schnee einfriert und dann die

00:21:27: Lawinen abrutschen, also gerade die Grundlawinen, dann reißt der Boden auf,

00:21:31: die Bodennarbe ist offen und dann hat man den ersten Angriffspunkt für Erosion.

00:21:36: Und so kann der ganze Humus dann weggeschwemmt werden.

00:21:39: Also die zwei Themen sind vielleicht auch noch ganz wichtig

00:21:43: zu erwähnen, wenn es um Almen geht.

00:21:46: Lisa: Ja, das war mein Gespräch mit Marina Hausberger von einer

00:21:50: der 101 Almen im Karwendel, dem größten Naturpark Österreichs.

00:21:54: Klaus: Und falls ihr Lust bekommen habt, jetzt selbst mal auf eine Alm

00:21:58: zu gehen oder vielleicht auch mal mitzuarbeiten, wir haben alle wichtigen

00:22:02: Infos in den Shownotes verlinkt.

00:22:03: Lisa: Ja wohin soll unser nächster Hörausflug führen?

00:22:06: Schreibt uns doch eine E-Mail an.

00:22:09: Klaus: info@tirol.at

00:22:10: Lisa: Und damit bis zum nächsten Mal.

00:22:12: Klaus: Piat enk

00:22:25: Lisa: Hörausflüge der Tiroler Reisepodcast

00:22:30: Klaus: Hörausflug auf die Alm mit Lisa Brandl und

00:22:33: Lisa: Klaus Brunner Lieber Klaus was ist denn deine erste

00:22:36: Assoziation wenn es um Almen geht?

00:22:38: Klaus: Hm, also ich habe schon Kindheitserinnerungen dran, weil

00:22:41: meine Großeltern die hatten eine Alm beim Achensee und das war halt

00:22:45: für mich als Kind wie so ein großer Abenteuerspielplatz, also es war total

00:22:49: interessant, natürlich viele Kühe waren da oben, ich weiß auch noch

00:22:53: genau, wie es da gerochen hat, also im positiven Sinne, wobei es gab auch ein

00:22:56: Plumpsklo und da erinnere ich mich an das frische Quellwasser zum Beispiel

00:23:00: aus dem Brunnen, also es war einfach...

00:23:02: toll

00:23:02: Lisa: Klingt

00:23:02: unglaublich idyllisch und das ist eine Frage, die wir in dieser Episode

00:23:06: beantworten wollen, nämlich ist das Arbeiten auf der Alm wirklich so

00:23:10: idyllisch und es ist ja ein bisschen ein Trend, dass man ein bisschen

00:23:15: aussteigt aus der Gesellschaft für ein paar Monate, harte Arbeit, viel

00:23:18: frische Luft, wie ist es eigentlich wirklich auf der Alm zu arbeiten?

00:23:21: Klaus: Ja, ich habe es nie ausprobiert aber ich weiß, dass

00:23:24: viele von denen, die dort arbeiten, das sind so... boschtige Manda.

00:23:27: Da wären wir bei unserem Dialekt-Quiz.

00:23:29: Lisa: Was sind boschtige Manda?

00:23:31: Wir werden es herausfinden Vorher Klaus, warst du für uns

00:23:33: bei einem Almauftrieb dabei.

00:23:35: Klaus: Genau, weil Almabtriebe kennt man ja.

00:23:37: Was man viel seltener sieht, ist so ein traditioneller Almauftrieb.

00:23:40: Ich war da im Kaunertal und das war wirklich spektakulär.

00:23:44: Da gibt es viele Bauern und Bäuerinnen, die haben nur ein paar Stück Vieh und

00:23:47: die werden dann so Stück für Stück quasi, die kommen zusammen und werden dann

00:23:51: zusammen getrieben und dann geht es zu Fuß kilometerweit auf die Bergalm hinauf

00:23:56: und das ist ein richtiges Spektakel.

00:23:58: Hirte 1: Es ist schön, wenn man wieder da ist.

00:24:00: Jetzt fängt der Sommer an.

00:24:02: Man sieht es gerne?

00:24:04: Hirte 2: Es ist ein schönes Gefühl, wenn man wieder auf die Alm hinauf fährt.

00:24:09: Man freut sich schon das ganze Jahr darauf, dass es wieder losgeht.

00:24:13: Und natürlich, dass Mensch und Tier wieder gesund im Herbst ins Tal kommen.

00:24:21: Lisa: Ja das sagen die Hirten aus dem Kaunertal Waren da

00:24:24: auch boschtig dabei, Klaus?

00:24:26: Klaus: Ja,

00:24:26: im Kaunertal sagt man das wahrscheinlich anders, aber da waren viele boschtige

00:24:30: Manda Boschtig heißt einfach Bärtig und dazu gibt es auch eine Anekdote.

00:24:35: Früher war es so, dass die Senner, die quasi den Käse oben auf der Alm

00:24:39: hergestellt haben, Die haben sich einen Bart wachsen lassen und diesen

00:24:43: erst im Herbst abrasiert nach der Alm-Saison, wenn der Bauer, also quasi

00:24:47: ihr Arbeitgeber, sie ausbezahlt hat.

00:24:50: Also das war schon ein gewisser Druck für die Bauern, glaube ich dass sie

00:24:53: einfach eine gute Zahlungsmoral haben.

00:24:55: Lisa: Ziemlich schlau Ob sich auch unser erster Gast Peter Fuchs einen

00:24:58: Bart stehen hat lassen, als er auf der Alm gearbeitet hat, habe ich ihn

00:25:01: leider nicht gefragt, aber er war zwölf Sommer lang Auf Almen unterwegs

00:25:05: und setzt sich heute beruflich für den Erhalt der rund 2000 Almen in Tirol ein.

00:25:10: Ich habe ihn als erstes gefragt, ob das so stimmt, dass die Kühe

00:25:13: sozusagen auf der Alm Urlaub machen.

00:25:16: Peter Fuchs: In gewisser Weise kann man das so sagen.

00:25:18: Also es geht ihnen gut auf der Alm, sofern sie gut gehalten werden.

00:25:21: Es ist sowieso immer ganz wichtig, dass die Mensch-Tier-Beziehung passen muss.

00:25:24: Die Temperaturen kommen ihnen entgegen, es kommt ihnen der tägliche Weidegang

00:25:28: entgegen Das ist an sich sehr, sehr gut, egal ob das jetzt eine trächtige

00:25:33: Kuh ist oder auch ein Jungrind ist, aber sie arbeiten natürlich auch oben.

00:25:38: Also unsere Kühe unsere Nutztiere sind hart arbeitende Tiere, die

00:25:44: viel fressen die ganze Zeit, das wiederkauen und daraus gewinnen

00:25:48: wir dann auch die tollen Produkte.

00:25:50: Ob das jetzt Milch oder Fleisch oder was auch immer ist, das muss ja durch dieses

00:25:55: Gras das für uns überhaupt gar nicht anders nutzbar ist Gemacht werden kann,

00:26:00: erst von den Tieren veredelt werden.

00:26:02: Also sie sind Arbeiter in dem Sinne, dass sie für uns die Lebensmittel machen.

00:26:06: Und, ganz, ganz wichtig, ihre Arbeit ist es auch, die die Alm erst erhält.

00:26:11: Das wird ganz häufig vergessen, dass wir, wenn wir die Nutztiere

00:26:14: nicht oben hätten, dann haben wir die ganze Almparadies-Schönheit

00:26:18: die wir so gerne bewandern, wo wir Skifahren Tourengehen Radfahren

00:26:22: hätten wir nicht, weil die natürliche Vegetation Der Almregionen wäre Wald.

00:26:27: Klaus: Ja, einerseits sind die Weidetiere auf der Alm also besonders wichtig

00:26:31: für die Landschaftspflege in Tirol und andererseits entstehen dort oben auch

00:26:35: ganz besonders wertvolle Lebensmittel, etwa Joghurt Käse oder frische Milch.

00:26:40: Lisa: Genau, also Peter Fuchs hat mir erklärt, dass sich sowohl die

00:26:43: Lebensumstände Also die viele Bewegung und frische Luft, aber eben auch die

00:26:47: Nahrung der Tiere positiv auswirken.

00:26:49: Bis zu 70 verschiedene Kräuter wachsen auf so einem Quadratmeter Almwiese.

00:26:53: Milch und Fleisch der Almkühe sind dadurch besonders nährstoffreich und das

00:26:58: ist sogar wissenschaftlich nachgewiesen.

00:27:01: Peter Fuchs: Dort oben Werden unter Voraussetzungen, die sie auch im

00:27:04: Lebensmittel niederschlagen, Lebensmittel erzeugt vor allem natürlich aus der

00:27:08: Milch die wir von den Kühen bekommen, also Käse, Butter, Topfen etc.,

00:27:12: die höhere ernährungsphysiologische Werte aufweisen.

00:27:16: Was zum Beispiel die Fettzusammensetzung der Omega-3, Omega-6-Fettsäuren anbelangt

00:27:21: was den Vitamin-E-Gehalt anbelangt.

00:27:24: Lisa: Und

00:27:24: womit hängt das eigentlich genau zusammen, dass der Käse oder die Butter

00:27:27: von der Alm nahrhafter ist als... die Butter, die im Tal produziert wird?

00:27:32: Peter Fuchs: Das

00:27:32: ist ein vielfältigeres Futter, das ist ein nicht so intensiv und schnell

00:27:35: gewachsenes Futter, das aus vielen, vielen Gräsern und Kräutern besteht.

00:27:40: Und dann kommt dazu, dass die Tiere, die weiden ein sehr hohes Tierwohl

00:27:45: genießen, dass die Sonneneinstrahlung gut ist für die Kühe, das Bewegen gut

00:27:49: ist und das schlägt sie tatsächlich an.

00:27:52: Auf die Zusammensetzung der einzelnen Bestandteile der Milch

00:27:56: und das geht ja dann in den Käse und in die Butter ein, nieder.

00:27:59: Lisa: Was ja viele nicht wissen, wenn sie in Tirol auf die Berge schauen, auf die

00:28:03: Berglandschaft dieses Schachbrettmuster die natürliche Vegetation wäre Wald,

00:28:06: die Berge werden alle bewaldet, also bis natürlich in die Höhen wo die

00:28:10: Waldgrenze ist, dann nicht mehr aber...

00:28:13: Was kannst du uns denn darüber erzählen Da spielt ja diese jahrhundertelange

00:28:16: Tradition der Almwirtschaft schon auch eine große Rolle.

00:28:19: Wie ist es denn entstanden in Tirol dass wir die Tiere im

00:28:23: Sommer auf die Berge treiben?

00:28:24: Peter Fuchs: Ja Jahrhunderte ist eine dezente Untertreibung Es sind

00:28:27: Jahrtausende wie die Forscher sagen, wo nachgewiesenermaßen also fünf-sechs

00:28:33: Jahrtausende Ötzi war quasi auch schon ein Almbauer, wo Menschen ihre Tiere,

00:28:38: Schafe in erster Linie dann in die höheren Regionen, das ist ja auch so

00:28:42: ideal, dass die leichteren Tiere die steilen höheren Regionen freihalten

00:28:47: und dann ab dem Waldgürtel der zuerst einmal gerodet hat werden müssen, um

00:28:53: dort hinzukommen Weidefläche zu gewinnen.

00:28:55: Dass das sozusagen etwas ist, das über Jahrhunderte durch wirklich

00:29:00: harte harte Arbeit so gewonnen ist, wie wir es jetzt genießen.

00:29:05: Und diese Tradition die setzt sich natürlich heute fort.

00:29:09: Natürlich gibt es heute eine moderne Technik auf der Alm auch, aber es ist

00:29:13: immer noch Eine ganz, ganz harte Arbeit.

00:29:16: Also ich war selber zwölf Sommer auf Almen und ich kann ohne Übertreibung

00:29:21: sagen, dass es eine immer noch richtig harte Arbeit ist mitunter.

00:29:25: Aber eine wunderschöne beglückende Arbeit natürlich, weil sie in dieser

00:29:29: sehr langen Tradition eben auch steht und weil man mit den Tieren

00:29:35: die einen schon alles abverlangen, aber auch viel Freude hat einfach.

00:29:38: Lisa: Zu seinen zwölf Almsommern wollte ich dann natürlich gleich mehr

00:29:41: wissen und habe Peter Fuchs gleich mal gefragt, ob das romantische

00:29:45: Bild, das ich mir zum Beispiel von so einem Almsommer mache, eigentlich

00:29:49: der Wahrheit zumindest nahe kommt.

00:29:51: Und natürlich auch, was man mitbringen muss, wenn man einmal

00:29:55: auf der Alm mitarbeiten möchte.

00:29:57: Peter Fuchs: Man soll sich selber die Frage stellen, was will ich dort oben?

00:30:01: Und wenn ich diese Romantik zuvorderst habe, dann bin ich

00:30:04: wahrscheinlich nicht derjenige der dort oben besonders glücklich wird.

00:30:08: Es gibt viele Fälle, wo Leute diese romantische Vorstellung rauftragen

00:30:12: und relativ schnell, nach einer Woche, zwei Wochen, manchmal

00:30:15: schon nach einem Tag drauf kommen Nein Das ist ja ganz was anderes.

00:30:17: Das ist ja harte Arbeit.

00:30:19: Wobei es natürlich... Ganz unterschiedliche Almen gibt, also

00:30:22: eine Jungtier-Alm wo ich unter Anführungszeichen nicht melken muss,

00:30:26: wo ich nur schauen muss, dass es ihnen gut geht, das ist auch Arbeit

00:30:29: das ist eh ganz klar, ist nicht so arbeitintensiv wie eine Melk-Alm

00:30:33: oder eine Senn-Alm das ist sicher die Champions League mit der meisten Arbeit.

00:30:37: Also man kann da schon Abstufungen treffen, das sollte man sich vorher

00:30:41: eben auch überlegen, was will ich dort oben machen Bin ich bereit,

00:30:44: wirklich herausfordernde Situationen Wetterextreme etc. anzunehmen, die

00:30:50: es auch irgendwo zu überstehen, ohne dass ich gleich nach der Feuerwehr

00:30:52: schreie, weil die gibt es da oben nicht.

00:30:54: Natürlich werden mir die Almbauern oder so zur Hilfe eilen, wenn jetzt zum Beispiel

00:30:58: ein Wintereinbruch ist, ganz klar.

00:30:59: Aber da ist dann jeder dermaßen gefordert und eben auch teilweise überfordert.

00:31:03: Und wenn man sowas überhaupt nicht mag, dann soll man auch

00:31:05: nicht raufgehen, finde ich.

00:31:06: Also diese Fragen soll man sich stellen.

00:31:09: Dann soll man sich grundsätzlich stellen, will ich da allein rauf

00:31:11: Also es gibt ja viele Almen die einer alleine schmeißen muss, das habe ich

00:31:15: auch gemacht, oder im Team arbeiten.

00:31:17: Körperliche Fitness ist natürlich keine schlechte Voraussetzung und wird

00:31:21: schon ein bis zu einem gewissen Grad vorausgesetzt, aber ich sage immer,

00:31:25: das war bei mir auch so, dass ich fit geworden auf der Alm so richtig.

00:31:30: Also niemals in meinem Leben war ich so fit, als ich in der Zeit, wo ich halt

00:31:35: tagtäglich immer körperlich gefordert und gefördert sozusagen worden bin.

00:31:39: Das kommt, das stellt sich ein, Aber die psychische, emotionale

00:31:43: Voraussetzung, die muss man bis zu einem gewissen Grad mitbringen.

00:31:46: Klaus: Ja, das sagt Alm-Experte Peter Fuchs.

00:31:49: Mir fällt noch was ein zu Almen.

00:31:50: Da gibt es ja so ganz einen berühmten Spruch auf der Alm, da gibt es kein Sünd.

00:31:55: Lisa: Das

00:31:55: hat man schon mal gehört.

00:31:56: Aber wer uns bestimmt sagen kann, warum das überhaupt gesagt wird, ist...

00:32:01: Klaus: Die Goas die alles woas

00:32:06: Goas: Es heißt ja oft, auf der Alm gibt es keine Sünde.

00:32:09: Woher das kommt, das schauen wir uns jetzt an.

00:32:11: Die Zeit auf der Alm war damals wie heute von großer Freiheit geprägt, weil je

00:32:16: weiter oben die Alm war, desto weniger Leute haben sich auch rauf verirrt.

00:32:19: Und wo wenig Leute sind, sind natürlich auch weniger wachsame Augen,

00:32:23: die alles bewerten, was man tut.

00:32:24: Das hat halt auch die Fantasie im Tal beflügelt, weil man dachte, dass viel mehr

00:32:28: Sündiges passiert, wenn jemand hinschaut.

00:32:30: Aber eh schon wissen, wo kein Moralapostel da keine Sünd.

00:32:33: Die Kirchen hat vielleicht deshalb irgendwann einmal verlangt dass

00:32:36: die Sennerinnen vor und nach der Almsaison beichten gehen.

00:32:38: Bis sie dann überhaupt das Sennerinnenverbot ausgesprochen hat.

00:32:42: Da hat sich freilich niemand dran gehalten und die Kirchen hat einlenken müssen.

00:32:45: Aber sie hat trotzdem nur ein Dokument verlangt das die moralische

00:32:48: Eignung zum Almgang bestätigt hat.

00:32:50: Das haben sich dann meistens ältere Bäuerinnen geholt und

00:32:53: an die Jungen weitergegeben.

00:32:54: Der Satz auf der Alm, da gibt es keine Sünd ist übrigens das

00:32:57: erste Mal im Jahr 1841 belegt.

00:32:59: Im Gedicht Alpenunschuld von Johann Nepomuk Vogel.

00:33:02: Da erzählt Vogel von einer singenden Sennerin die ihm in

00:33:05: ihrer Hütte Herberge anbietet.

00:33:07: Und wahrscheinlich nicht nur das, so wie der Autor schwärmt.

00:33:10: Damit hat er halt das Klischee auch weiter beflügelt.

00:33:12: Ob es stimmt oder nicht, wissen wir natürlich nicht.

00:33:15: Geht aber eigentlich auch niemandem was an.

00:33:17: Lisa: Ja, soviel zu den Klischees über die Almen.

00:33:20: Zurück zur Realität Es ist so unglaublich wichtig, die Almen zu erhalten,

00:33:24: aber warum ist das eigentlich so?

00:33:26: Warum tummeln sich so viele Tiere und Lebewesen in den Almwiesen?

00:33:30: Das habe ich Marina Hausberger vom Naturpark Karwendel gefragt und wir haben

00:33:34: sie natürlich auf der Alm getroffen.

00:33:37: Liebe Marina, wir sind hier auf der Arzler Alm.

00:33:41: Das liegt ja genau zwischen dem urbanen Raum.

00:33:43: Wir sehen unter uns die Stadt Innsbruck und hinter uns die Nordkette,

00:33:47: wo ja der Naturpark Karwendel beginnt Ein Naturschutzgebiet für

00:33:52: das du mitverantwortlich bist.

00:33:54: Was müssen wir denn wissen über den Naturpark Karwendel?

00:33:57: Marina Hausberger: Ja, also wir sind hier auf der Arzler Alm, also ganz im

00:34:01: südlichen Bereich vom Naturpark Karwendel Direkt bei der Arzler Alm geht eigentlich

00:34:06: die Schutzgebietsgrenze durch und alles, was quasi nördlich von uns ist,

00:34:12: ist Schutzgebiet und wir haben... Im Naturpark Karwendel also der Naturpark

00:34:17: Karwendel hat 740 Quadratkilometer, also einen riesigen Fleck und ist auch der

00:34:25: grösste Naturpark in ganz Österreich.

00:34:27: Im Naturpark Karwendel haben wir verschiedene Ökosysteme die in Europa

00:34:34: auch recht selten geworden sein.

00:34:36: In den Ökosystemen sind verschiedene Pflanzen- und Tierarten

00:34:40: beheimatet, die man in Europa auch nicht mehr so oft findet.

00:34:44: Deswegen ist das Karwendel auch schon ein ganz besonderer Platz und vor allem auch

00:34:48: ein ganz wichtiger Platz, um verschiedene Arten und Ökosysteme zu erhalten.

00:34:52: Lisa: Ein besonderes

00:34:53: Ökosystem ist ja auch die Almwiese, was viele gar nicht wissen.

00:34:57: Und man fragt sich vielleicht, die Arzler Alm ist nicht die einzige

00:35:00: Alm im Naturpark Karwendel, sondern ich glaube, es gibt Ziemlich viele.

00:35:04: Wie passt eigentlich Naturschutz und so eine Almwirtschaft mit Kühen

00:35:08: oder Schafen oder Ziegen zusammen?

00:35:11: Marina Hausberger: Also die

00:35:11: Arzler Alm, das ist eine von unseren 101 Almen Also es gibt außer der

00:35:18: Arzler Alm noch 100 im Naturpark Karwendel Die noch bewirtschaftet sind.

00:35:23: Also wir sind sehr almenreich und Naturschutz und Almwirtschaft

00:35:27: passt eigentlich sehr gut zusammen.

00:35:29: Vor allem wenn man von der extensiven Almwirtschaft spricht, wie sie ja

00:35:33: bei uns meistens praktiziert wird.

00:35:36: Dann kann man da mit ruhigem Gewissen sagen, dass wir auf den Almflächen richtig

00:35:41: hohe Artenvielfalt haben und das sehr artenreiche Hotspots im Naturpark sind

00:35:47: Also gerade auf den Almflächen da hat man ja Bereiche die offen sind und dann auch

00:35:54: wieder Bereiche, die geschlossen sind.

00:35:56: Also Übergangsbereiche von Wiesen und Wäldern und Gebüschen.

00:36:01: Und gerade in den ganzen Nischen Findet man eben spezielle Arten,

00:36:06: die sich eben da ansiedeln können.

00:36:08: Vor allem sind Almflächen recht strukturreich.

00:36:11: Also es gibt da steilere Bereiche, flachere, schattige,

00:36:15: sonnige, feuchte trockene.

00:36:17: Und die ganzen Eigenschaften sind eben oft einmal gut, damit sich eben ganz

00:36:21: verschiedene Arten ansiedeln können.

00:36:24: Lisa: Jetzt sehen wir unter uns ein

00:36:25: paar junge Kühe die fühlen sich da sichtlich wohl und grasen.

00:36:30: Gibt es eigentlich auch Almflächen ohne Tiere?

00:36:33: Ist das auch vorstellbar?

00:36:35: Marina Hausberger: Ja, also Almflächen ohne Tiere gibt es auch.

00:36:39: Das sind dann zum Beispiel die Bergmähder wo man dann die Wiesen mäht

00:36:43: und wo jetzt keine Weidetiere weiden.

00:36:46: Die Bergmähder bleiben durch das offen, dass man mäht aber auf die meisten Almen

00:36:51: im Karwendel bei uns hat man Weidetiere, die eben da grasen auf die Weideflächen

00:36:57: und so die Landschaft offen halten.

00:36:59: Also wenn die nicht da grasen dann kommen wieder junge Bäume auf, junge

00:37:03: Gebüsche und so weiter und dann dauert es nicht lang und man hat da

00:37:07: keine Almwiesen mehr, sondern dann ist das wieder so Ein Waldstandort.

00:37:11: Lisa: Und wenn ich das richtig verstanden

00:37:13: habe, dann will man das vermeiden dass es wieder ein Waldstandort wird?

00:37:17: Marina Hausberger: Ja, genau.

00:37:18: Also Wald hat man ja sehr viel in Österreich und der Wald wird da

00:37:22: immer mehr, also die Waldfläche.

00:37:24: Und so Almwiesen

00:37:25: werden

00:37:27: eher weniger, weil viel verwaltet.

00:37:30: Und deswegen will man eigentlich das, was man jetzt noch hat an Almflächen, das will

00:37:34: man eigentlich erhalten, damit das noch...

00:37:37: In die nächsten Generationen eben so weitergegeben werden kann.

00:37:41: Und dass man auch die Orten die auf den Almflächen beheimatet

00:37:44: sind, auch noch weiterhin hat.

00:37:47: Lisa: Kannst du uns da

00:37:47: ein paar Beispiele geben von Arten es summt und krabbelt wahrscheinlich in den

00:37:51: Wiesen viel, viel mehr, als wir das so wahrnehmen, weil wir nur so durchwandern.

00:37:55: Was leben da für Tiere, die wir vielleicht nicht wahrnehmen, aber die total wichtig

00:37:58: sind für uns?

00:37:59: Marina Hausberger: Also auf allen Wiesen da hat man jetzt gerade von

00:38:02: den Pflanzenarten her, wenn man so über eine Almwiese geht, gerade so

00:38:06: im Juni Anfang Juli da ist ja alles bunt und da hat man verschiedene

00:38:11: Orchideenarten wie jetzt Knabenkräuter, da hat man die Enzianarten wie den...

00:38:17: Den Kalkenzian zum Beispiel, den kennen die meisten oder auch den gelben Enzian.

00:38:22: Und an jeder von den Blütenpflanzen hängen ungefähr zehn Insektenarten dran.

00:38:27: Also wenn eine von den Blütenarten da verschwindet oder von den

00:38:30: Blumenarten, dann verschwinden eben auch Insektenarten damit.

00:38:34: Dann gibt es auch bestimmte Vögel Die gerne auf Almflächen oder gerade

00:38:38: auch im Übergangsbereich zwischen Almfläche und Wald unterwegs sind.

00:38:42: Das ist zum Beispiel der Zitronenzeisig oder die Ringdrossel.

00:38:46: Also wenn man sich einmal auf einer Almwiese setzt und ein bisschen

00:38:50: beobachtet, dann kann man ganz, ganz viele verschiedene Arten entdecken.

00:38:54: Lisa: So eine Almwiese

00:38:56: braucht ja auch Pflege und das wird natürlich alles von Hand gemacht.

00:39:00: Jetzt haben vielleicht weniger Menschen Zeit, den ganzen Sommer auf einer

00:39:05: Alm mitzuhelfen oder mitzuarbeiten.

00:39:07: Ist das auch eine Herausforderung für die Almen im Karwendel

00:39:10: und wie geht man damit um?

00:39:12: Marina Hausberger: Ja genau, das ist glaube ich gerade das Thema, das viele

00:39:17: Leute die jetzt nicht viel mit Almen zu tun haben, die das nicht sehen, das Thema,

00:39:22: dass so ein Alm sehr, sehr viel Arbeit ist, das so zu erhalten, wie das ist.

00:39:27: Und früher hat es ja fast auf jeder Alm einen Almputzer gegeben.

00:39:32: Das waren Leute, die waren den ganzen Sommer auf der Alm oben und haben da eben

00:39:36: geschaut dass die Weideflächen von Steinen befreit werden, dass die entbuschen.

00:39:42: Die haben gezäunt zum Beispiel.

00:39:44: Also die haben einfach geschaut dass die Weidefläche so gut wie möglich

00:39:47: gepflegt ist, damit das Vieh auf der Alm kommt Genug zum Fressen hat.

00:39:52: Die haben das damals gemacht, das hat mir mal ein Landwirt erzählt, für

00:39:56: ein Stück Butter und ein paar Schuhe.

00:39:59: Und natürlich für Kost und Logis waren die den ganzen Sommer auf der Alm und so

00:40:03: sind die da ihrer Arbeit nachgegangen.

00:40:05: Und heute ist das natürlich anders.

00:40:07: Die Landwirtschaft hat sich verändert, auch die Almwirtschaft hat sich verändert.

00:40:11: Die meisten Bauern arbeiten ja im Nebenerwerb Und haben einfach

00:40:14: auch nicht mehr so viel Zeit.

00:40:16: Und für ein paar Schuhe und ein Stück Butter geht jetzt

00:40:19: auch keiner mehr arbeiten.

00:40:21: Deswegen bleibt die Arbeit jetzt oft liegen.

00:40:23: Und das ist auch das Problem auf vielen Almen, dass es verbuscht, dass

00:40:27: es versteint und dass dann gewisse Flächen einfach nicht mehr nutzbar sind.

00:40:33: Und da schauen wir vom Naturpark Karwendel eben auch, dass wir

00:40:36: da ein bisschen helfen können.

00:40:38: Mit unserem Freiwilligenteam, dem Team Karwendel, unterstützen wir

00:40:41: da die Almbauern bei der Almpflege.

00:40:44: Lisa: Kannst

00:40:45: du mir das ein bisschen

00:40:45: erzählen wie so ein Tag gemeinsame Almpflege abläuft?

00:40:50: Marina Hausberger: Also

00:40:51: wir haben auf der Homepage einen Bereich, wo wir verschiedene Aktionen also

00:40:56: Team Karwendel Aktionen ausschreiben.

00:40:59: Das sind eben viele Almpflegeaktionen aber es gibt auch Artenschutzprojekte

00:41:04: oder Biotoppflegeprojekte wo man sich eben als Privatperson anmelden kann.

00:41:10: Und dann ist das zum Beispiel ein Wochenende auf der Arzler Alm,

00:41:14: wo man sich in der Früh trifft.

00:41:17: Dann wird ein bisschen überlegt, was gemacht wird.

00:41:19: Es wird geschaut, wie schauen die Flächen aus, was ist zu tun.

00:41:22: Und dann kriegt jeder ein Werkzeug in die Hand gedrückt

00:41:25: bekommt erklärt, was zu tun ist.

00:41:27: Und dann wird da gemeinsam den ganzen Tag gearbeitet.

00:41:29: Es gibt immer gute Jausen.

00:41:31: Die Stimmung ist meistens gut.

00:41:32: Am Ende des Tages, wenn alle recht müde werden, dann... Ja, es sind alle

00:41:38: froh wenn der Tag vorbei ist oftmals.

00:41:40: Man unterschätzt es auch oft, wie hart die Arbeit ist, wenn man den ganzen Tag

00:41:44: da in den Hanglagen steht und Latschen schwendet zum Beispiel oder die Steine

00:41:47: wegräumt Aber das Gute an der Arbeit ist, finde ich immer, dass man am Ende

00:41:52: des Tages sieht, was man getan hat.

00:41:54: Und das ist ja oft heute nicht mehr so, wenn man den ganzen Tag vor dem Computer

00:41:58: sitzt und tausend E-Mails beantwortet und am Ende des Tages weiss man gar

00:42:01: nicht mehr, was man alles gemacht hat.

00:42:02: Das ist auf der Alm nicht so.

00:42:04: Also da ist es definitiv du siehst die Fläche danach und siehst genau, was du

00:42:08: getan hast und was du geschafft hast.

00:42:10: Und deswegen ist das, glaube ich, auch so eine befriedigende Arbeit für viele Leute.

00:42:14: Weil das vielleicht in vielen Jobs heute fehlt.

00:42:18: Lisa: Ich finde das spitze dass man für den Naturschutz so aktiv was machen kann,

00:42:22: weil oft ist es ja das Hauptaugenmerk, dass man ganz viele Dinge nicht

00:42:26: machen sollte oder weglassen sollte.

00:42:29: Bestimmt eine coole Sache, wenn man mal ein, zwei Tage als Freiwilliger seine

00:42:32: Zeit einbringen kann für den Naturschutz.

00:42:34: Neben den Weideflächen für die Nutztiere in Tirol und natürlich neben dem großen

00:42:39: Wert für die Biodiversität, gibt es noch etwas Was wir unbedingt wissen sollten

00:42:43: über die Funktionen von Almen die wir jetzt noch nicht besprochen haben.

00:42:47: Marina Hausberger: Ja, also es gibt da ein Thema für das Almflächen, also wenn

00:42:51: sie bewirtschaftet sind, gut sind noch.

00:42:54: Und das ist eigentlich Schutz vor Naturgefahren.

00:42:57: Also wenn man sich vorstellt wenn keine Viehe mehr auf die Alm

00:43:00: gehen, Dann wächst ja in den ersten Jahren einfach das Gras ganz lang.

00:43:04: Also es wird nicht mehr abgefressen, sondern man hat einfach ganz langes Gras,

00:43:08: das verfilzt dann so und ist dann wie so eine undurchlässige Matte über dem Boden.

00:43:14: Und gerade das Thema ist ein großes Thema zum Hochwasserschutz.

00:43:19: Also wenn du so langes Gras hast auf den Almflächen dann hast du... Wenig

00:43:23: Wasser, das versickern kann und ganz viel Oberflächenwasser, das abfließt.

00:43:27: Und das kann ein Thema sein, was Beispiel Hochwasser im Tal oder

00:43:32: in die Tallagen fördern kann.

00:43:33: Und das zweite Thema, das sind die Lawinen.

00:43:36: Gerade auf dem langen Gras in die steilen Lagen können Lawinen leichter abrutschen

00:43:41: und auch die Bodennarbe aufreißen.

00:43:44: Also wenn das lange Gras dann in den Schnee einfriert und dann die

00:43:48: Lawinen abrutschen, also gerade die Grundlawinen, dann reißt der Boden auf,

00:43:53: die Bodennarbe ist offen und dann hat man den ersten Angriffspunkt für Erosion.

00:43:58: Und so kann der ganze Humus dann weggeschwemmt werden.

00:44:01: Also die zwei Themen sind vielleicht auch noch ganz wichtig

00:44:04: zu erwähnen, wenn es um Almen geht.

00:44:08: Lisa: Ja, das war mein Gespräch mit Marina Hausberger von einer

00:44:12: der 101 Almen im Karwendel, dem größten Naturpark Österreichs.

00:44:16: Klaus: Und falls ihr Lust bekommen habt, jetzt selbst mal auf eine Alm

00:44:20: zu gehen oder vielleicht auch mal mitzuarbeiten, wir haben alle wichtigen

00:44:24: Infos in den Shownotes verlinkt.

00:44:25: Lisa: Ja wohin soll unser nächster Hörausflug führen?

00:44:28: Schreibt uns doch eine E-Mail an.

00:44:30: Klaus: info@tirol.at

00:44:32: Lisa: Und damit bis zum nächsten Mal.

00:44:34: Klaus: Piat enk.

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