#11 Berghütte statt Büro: Workation in Tirol
Shownotes
Frühmorgens einen Gipfel besteigen und anschließend mit Blick auf die Berge seine Arbeit erledigen? Untertags arbeiten und abends in der Sauna entspannen? Workation, also die Verbindung aus Arbeit und Urlaub, wird im digitalen Zeitalter immer beliebter. Doch wie produktiv ist es wirklich, wenn man an einem Urlaubsort arbeitet oder an einem Arbeitsort urlaubt? Wir sind dem Workation-Trend auf die Spur gegangen und haben nachgefragt, wie und wo man in Tirol am besten Arbeit und Freizeit verbinden kann.
Die Großstadt hinter sich lassen und seine Arbeit am Laptop auf einer Tiroler Alm erledigen? Alexis Zurflüh hat genau das ausprobiert und für eine Woche sein Münchner Büro mit einer Hütte in der Wildschönau getauscht. Der Grafik-Designer erzählt uns von dieser außergewöhnlichen Zeit, die ihn nachhaltig geprägt hat. In positiver Erinnerung ist ihm vor allem der rege Austausch mit den Einheimischen geblieben, die ihm sehr offen - und mit dem ein oder anderen Stamperl Obstler –begegnet sind. Und wenn es heute in seinem Arbeitsalltag wieder einmal laut und hektisch zur Sache geht, sehnt sich Alexis nach der Ruhe und Gelassenheit „seiner“ Almhütte zurück.
Dass Workation nicht nur alleine, sondern auch im Team möglich ist, erfahren wir am „schönsten Ende der Welt“, in Steinberg am Rofan. Dort hat Georg Gasteiger einen 400 Jahre alten Bauernhof renoviert und zu einem New-Work-Space inmitten der Berge revitalisiert. Am Mesnerhof-C können Teams aus dem Alltag ausbrechen, mit Blick auf die Bergwelt ihrer Kreativität freien Lauf lassen und beim gemeinsamen Kochen und Arbeiten neue Wege gehen. Was Georg unter „Alpine Togetherness“ versteht, wie das Angebot angenommen wird und warum CEOs von großen Firmen am Mesnerhof-C plötzlich eifrig Gemüse schnipseln, erfahrt ihr in unserem heutigen Hörausflug.
Links: Dahoam Office: Erfahrungsbericht von Alexis Zurflüh Mesnerhof-C Workation im Herz der Alpen Alm-Office: Die schönsten Gruppenunterkünfte für Team-Events Co-Working Spaces in Tirol
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Klaus Brunner: Hallo aus dem Dahoam-Office.
Lisa Prantl: In diesem Hörausflug verbinden wir Urlaub und Beruf.
Klaus Brunner: Ja, wir lüften den Kopf mit frischer Bergluft und tauschen das Büro gegen ein Heulager.
Lisa Prantl: Ein gestresster Großstädter erzählt uns, wie er weit oben ziemlich runterkam.
Klaus Brunner: Und wir finden heraus, warum sich Firmen wie Google, Airbus oder Daimler am schönsten Ende der Welt verhalten Die Klinke in die Hand geben.
Klaus Brunner: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Hörausflüge dem Tirol-Podcast. Mein Name ist Klaus Brunner.
Lisa Prantl: Und ich bin Lisa Pantl. In dieser Episode geht es ausnahmsweise ums Arbeiten. Aber auch ums Urlauben
Klaus Brunner: Ja, Urlaub bedeutet für die meisten von uns Erholung Entspannung und damit auch arbeitsfreie Zeit.
Lisa Prantl: Wer etwas erleben, neue fremde Länder und Kulturen kennenlernen will, geht wahrscheinlich eher auf Reisen.
Klaus Brunner: Ja, Urlaub Reisen und Arbeit kann man natürlich auch ganz einfach kombinieren, unter anderem in Tirol Denn das Wann und Wo ist ja vor allem in digitalen Bürojobs heute nicht mehr so wichtig.
Lisa Prantl: Wer also morgens einen Gipfel erklimmen möchte, könnte dann einfach abends länger arbeiten.
Klaus Brunner: Ja zum Beispiel. Oder eine kleine Radtour machen und sich dann noch in die Sauna setzen. Jedenfalls ist so eine Workation eine gute Option für Menschen, die einfach mal raus wollen, aber vielleicht dafür keinen Urlaub nehmen möchten oder können. Den Luxus von anderswo zu arbeiten, muss man sich aber natürlich auch leisten können.
Lisa Prantl: Aus den englischen Begriffen Work, also Arbeit und Vacation, was Urlaub bedeutet, kommt die sogenannte Workation zustande. Ein Urlaubsaufenthalt oder eine Reise in der auch immer wieder mal gearbeitet wird. Ich habe mich für diese Episode mit Georg Gasteiger vom Mesnerhof C unterhalten. Er hat in Steinberg am Rofan einen 400 Jahre alten Bauernhof kernsaniert und ihm neues Leben geschenkt. Der Bauernhof ist jetzt ein Rückzugsort für Gemeinschaften vor allem zum gemeinsamen Arbeiten. Ich wollte jedenfalls schon mal dort bleiben, so gemütlich war das Interview in der ehemaligen Tenne, also dem Heulager des Hofes. Wo früher das Futter für die Kühe im Winter lagerte, gibt es heute, wie Georg Gasteiger sagt, ein Berglager des 21. Jahrhunderts. Arbeiten, workshoppen, kochen, gemeinsam chillen,.. all das ist hier möglich umringt von Bergen.
Klaus Brunner: Ja, ein Hörausflug ans schönste Ende der Welt, wie die Steinberger und Steinbergerinnen ihr Dorf auch nennen. Bevor wir uns gleich das Gespräch anhören, eine Workation in Tirol ist aber natürlich nicht nur in der Gemeinschaft mit Arbeitskolleginnen und Kollegen, sondern auch alleine möglich. Einer der das ausprobiert hat und uns davon berichtet, ist der Grafikdesigner Alexis Zurflü. Er ist beruflich unter anderem dafür verantwortlich dass unser Mein Tirol Magazin immer so schön gestaltet daherkommt.
Lisa Prantl: Alexis hat eine Woche auf einer Hütte in der Wildschönau verbracht, um dort zu arbeiten. Diese Zeit hat ihn nachhaltig beeindruckt vor allem wegen den Menschen.
Klaus Bruner: Ja er hat uns natürlich auch erzählt, wie er mit der Internetverbindung gekämpft hat, wie ihn einmal in seiner urigen Almhütte eine Maus eine ganze Nacht wachgehalten hat und wie ihn der Blick auf die Berge immer wieder zurück ins Jetzt brachte.
Lisa Prantl: In seinen Schilderungen ist er aber immer wieder zu den Menschen, vor allem seinen Vermietern zurückgekehrt. Und deshalb wollten wir natürlich wissen, wie es ihm gelungen ist, in einen so guten Austausch zu kommen.
Alexis Zurflüh: Wenn man trinkfreudig ist und man gerne Obstler mag, Dann macht man, glaube ich, sehr schnell sehr viele Freunde. Das war da meine Erfahrung. Der Obstler war für mich so ein bisschen das Medium für gute Tischgespräche. Und das war insofern total toll, weil ich natürlich zum einen schon sehr verschlossen sein kann. Aber diese Offenheit der Menschen hat mich da total in ihren Sog gezogen, dass ich da einfach direkt mich wohlgefühlt habe und da auch mich austauschen konnte. Und das nicht nur wegen dem Obstler by the way. Hat natürlich auch seinen Teil dazu beigetragen, aber am Ende ist es die Offenheit der Menschen. Und das war bei mir vielleicht auch immer diese Erkenntnis, dass jedes Mal... Wenn das passiert ist, war meine allererste Reaktion ich habe keine Zeit, ich muss da noch was abgeben. Und natürlich nachträglich gesehen war das natürlich auch sehr gut, dass ich das dann aufgeschoben habe, weil diese Gespräche, das sind etwas, die mir total in Erinnerung bleiben. Hingegen diese eine Deadline, wo ich noch eine Mail abschicken muss, die würde ich weiß Gott, nicht mehr in Erinnerung haben. Haben wollen vor allem, genau.
Lisa Prantl: Ja, einfach mal spontan Zeit nehmen, warum nicht? Ich kann da jedenfalls mitfühlen dass das gar nicht so leicht fällt. Er sagt auch, in stressigen Zeiten im Job ist sein Alm-Office in Tirol nach dieser Woche zum Sehnsuchtsort geworden.
Alexis Zurflüh: Ich denke sehr oft daran, weil oftmals wenn man im Arbeitsstress ist und es geht runter und rüber, dann sehnt man sich oftmals einfach nach Ruhe. Und ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal an einem Ort war, wo ich so viel Ruhe erlebt habe, wenn man Ruhe haben wollte. Also dieser ästhetische Blick auf die Landschaft, auf die Berge und ansonsten nur ein bisschen Vogelgezwitscher. Das ist etwas, was ich total vermisse. Wenn man auf die Landschaft schaut, mit den Blicken entlang den Bergen wandert, was da für Gedanken kommen, das sind andere, als wenn man in der U-Bahn-Station steht und auf den Bildschirm schaut, dass in fünf Minuten die nächste U-Bahn kommt. Und dann wird man halt unterhalten von den Bildschirmen an der Wand oder halt im Bildschirm in der Hand, im Handy.
Klaus Brunner: Ja, öfter mal den Blick über die Berge schweifen lassen, das ist sicher immer eine gute Idee. Wer jetzt glaubt Arbeit wäre für eine Workation schlussendlich nebensächlich liegt falsch. Alexis ist sich sicher, wir alle können davon profitieren und damit auch unsere Arbeit, wenn wir mal in eine andere Welt eintauchen.
Alexis Zurflüh: Ich empfehle es jedem Stadtmenschen, der irgendwann einmal zu sehr diesen Tunnelblick hat, zu sehr mit seinen Kollegen zusammen die Zeit verbringt, immer nur dieses eine Narrativ hat, immer nur diese gleiche Brille aufgesetzt kriegt dass man da sagt einfach mal Zeit auf dem Land verbringt. Zum einen, dass man einfach in Kontakt kommt mit den Leuten auf dem Land, damit man andere Lebensphilosophien erfährt. Und das würde ich jedem empfehlen, auch alleine hinzugehen. Also keine Familie, keine Freunde. Das lässt auch einfach zu, dass man die Gedanken schweifen lassen kann, um einfach mal zuzuhören. Neue Erkenntnisse gewinnen, das geht am besten alleine und nicht zu zweit.
Klaus Brunner: Den Tunnelblick ablegen, das ist ein spannendes Motiv für eine Workation. Ja wer noch mehr über Alexis und seine Workationwoche in der Wildschönau erfahren möchte, auf blog.tirol gibt es einen tollen Text von ihm, Dahoam-Office, ein Erfahrungsbericht. Den haben wir selbstverständlich in den Shownotes verlinkt. Er ist wirklich sehr lustig und geistreich, große Leseempfehlung.
Julia Prantl: Eine etwas andere Erfahrung machen wahrscheinlich die Menschen, die auf den Mesnerhof C kommen. Denn die reisen meist mit der Chefin oder mit dem Chef an, jedenfalls in Gemeinschaft ihrer Teams. Wieso eine Workation abläuft und worauf er beim Umbauen eines Bauernhofes in ein Büro in den Bergen geachtet hat, das habe ich den Gastgeber gefragt.
Georg Gasteiger: Ja, ich bin der Georg Gasteiger. Herzlich willkommen am Mesnerhof C. Das C steht für Community. Wir sitzen hier gerade in der ehemaligen Heutenne. Also wir sitzen da auf 100 Jahre alten Dielen, man sieht die Ölflecken noch drinnen in den alten Holzdielen und die Heutenne ist heute das Camp. Das Camp ist ein New Work Space in den Bergen, so ein integriertes Raumnutzungskonzept für neues Arbeiten am Land.
Julia Prantl: Was bedeutet denn New Work für dich? Ich habe gesehen, du hast sogar einen Kurs Großen Preis schon für New Work bekommen. Wie würdest du es definieren?
Georg Gasteiger: Man kann da jetzt natürlich weit zurückgehen zum Friedhofer Bergmann, der quasi der Godfather of New Work ist. Und die Frage, die sich stellt, was bedeutet Will man wirklich, wirklich, mit zwei Wirklich. Aber das ist natürlich die philosophische Ebene Quasi die konkrete Ebene ist, dass sich die Arbeitswelt insofern verändert hat, dass es ein zeitliches Aufbrechen gegeben hat, im Sinne, dass man eigentlich arbeiten kann, wann immer man will, darf soll und muss. Also das hat sich wirklich ganz aufgebrochen das Zeitliche. Und mit den Breitbandtechnologien hat sich natürlich auch der Ort erweitert. Und ja, die Arbeitswelten Coworking Spaces und so weiter, die haben sich vorrangig zuerst in den Städten verändert. Und die Frage, die ich mir dann gestellt habe, ist welche Rolle hat das Land und welche Orte und Angebote bietet das Land für solche New Work Tribes und Creative Industries und wie sie halt alle heißen.
Julia Prantl: Was ich jetzt hier in dieser alten Tenne sofort empfinde, ist, Platz, es ist ober mir so viel Luft, es ist eine sehr gute Luft, man riecht nichts außer das Holz, das alte Holz, das neue Holz. Worauf hast du hier beim Revitalisieren dieses Bauernhofes geachtet, dass es eben so ein toller New Work Place wird?
Georg Gasteiger: Ja, also danke für das Kompliment und das ist auch wirklich durchdacht, welche Rückzugsräume soll es geben, welche Räume der Gemeinschaft soll es geben. Wir haben uns da ein bisschen an Adolf Loos orientiert der hat die Regeln für denjenigen, der in Bergen baut, aufgestellt, so 1913 war das glaube ich. Und seine große Aufforderung war, man soll sich an die Regeln halten oder man soll sich daranhalten, wie der Bauer gebaut hat, nämlich nach Möglichkeit am Alten festzuhalten. Allerdings, das Neue ist erlaubt wenn es die Funktion auch neu bringt. Ja, und so haben wir uns Gedanken gemacht, was macht man gemeinschaftlich nämlich miteinander kochen, miteinander essen, miteinander workshopen Das ist integriert groß und weit und hoch, also die Tenne ist da sieben Meter hoch und grundsätzlich ist es so, wenn man in Richtung Tourismus geht, touristisches Konzept, hätte man halt wahrscheinlich die Zwischendecke komplett eingezogen um möglichst viele Zimmer zu haben. Und wir haben uns gerade das Gegenteil gedacht. Nein, der Luxus liegt im Großen im Weiten und im Luftraum sozusagen, mit Blick auf die Berge nach draußen. Kleiner ist es dafür da, wo man schläft.
Lisa Prantl: Du hast es schon erwähnt ihr habt da große Fenster vorne eingezogen. Man hat einen wunderschönen Blick auf die Berge. In den Städten erobert die Kreativszene oft alte Fabriken zum Beispiel für sich. Was ist denn der Unterschied, ob man in einer aufgelassenen Fabrik viel Raum hat zum Denken oder ob man hier in Tirol auf so einem alten Bauernhof diese Weite hat.
Georg Gasteiger: Ich weiß gar nicht, ob der Unterschied so groß ist. Letztendlich, und das ist eine Beobachtung, wo haben sich diese Kreativen, diese Netzwerkarbeiter niedergelassen Hauptsächlich, wie du schon gesagt hast, in aufgelassenen Produktionsstätten. Und es ist offensichtlich irgendetwas in uns. Das uns ein bisschen zum Neuen bringt, wenn wir die Geschichte auch noch verspüren in Räumen. Und da ist der Konnex dann zu den Räumen am Land nicht besonders schwer. Was ist ein Bauernhof? Anderes als ein Raum, wo unterschiedlichste Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten zusammengearbeitet haben. Den Mesnerhof gibt es seit über 400 Jahren und ich sage immer, der Mesnerhof ist Coworking sind es 1614.
Julia Prantl: Vielleicht kannst du uns ein paar Beispiele schildern. Welche Menschen kommen denn Zu dir hier auf den Mesnerhof C. Mit welchen Fragen und welchen Bedürfnissen kommen Sie hierher?
Georg Gasteiger: Jetzt sage ich einmal, von der Kundensegmentierung unterscheiden wir in drei Nutzungen. Zum einen sind es eben diese Unternehmen, die einfach mal raus müssen im Team.
Im Team kommt die Community schon am Mesnerhof an und füht sich halt anders, arbeitet hier anders zusammen. Es wird miteinander gekocht, miteinander gegrillt miteinander gearbeitet. Arbeit und Freizeit Unterholung fließt hier ineinander. Eher kleine Unternehmen, Startups, Social Entrepreneur und so weiter. Die großen hat man überhaupt nicht am Radar. Also wie, keine Ahnung, wie Airbus, Daimler, Google und so weiter. Da haben wir nicht gedacht, dass die jetzt nach Steinberg kommen, in einer Camp ähnlichen Situation sich auseinandersetzen. Und siehe da sind auch die Großen gekommen dann. So, das ist quasi das Segment Unternehmen. Dann auch eine Gruppe die wir überhaupt nicht erwartet haben, sind die Yoga-Retreats. Ich habe da überhaupt keine Sozialisierung gehabt dazu. Das ist ein riesen riesen Business. Ich habe das überhaupt nicht gewusst. Und das, was so bisschen auf der Hand lag, die dritte Zielgruppe sind natürlich private Gruppen, die sich in der Gemeinschaft mal wieder zusammenfinden wollen in den Bergen. Wir propagieren das Motto Slow Event. Das heißt langsames Feiern, langsames Zusammenfinden Nicht nur eine Nacht, sondern mindestens zwei Nächte wenn besser noch drei. Man gibt sich in der Gemeinschaft Zeit und es gibt eine wesentliche Regel dann auch, es muss ein generationsübergreifendes Event sein.
Lisa Prantl: Du hast gemeint Arbeit, Erholung, Urlaub das kann hier alles zusammenfließen. Warum ist es generell sinnvoll? Es gibt ja auch diese Menschen, die sagen, ich brauche jetzt Erholung jetzt ist 14 Tage einfach Urlaub und dann ist wieder Arbeit. Und es gibt auch die, die das gerne alles ein bisschen vermengen. Was spricht denn für die sogenannte Workation?
Georg Gasteiger: Ja also da muss ich jetzt einfach ganz banal aus der wirtschaftlichen Seite argumentieren. Also wir haben uns auch kurz überlegt ob wir nicht eigentlich eine Off-Zone sind hier. Also ob es nicht plausibler wäre zu sagen, Kommt es nur hierher und wir sind nicht vernetzt. Digital Detox oder so hat das mal geheißen, glaube ich. Und wir sind eigentlich aus der wirtschaftlichen Perspektive heraus zu dem Schluss kommen, nein, die Leute haben nur fünf Wochen Urlaub im Jahr. Fünf Wochen ist uns zu wenig, um hier in Steinbock-Murro fahren. Wir sind ein touristischer Nichtort. Wir müssen wirklich auf die 52 Wochen gehen. Also ich bin auch jetzt nicht hundertprozentig davon überzeugt Arbeit Und Erholung und so weiter sich immer vermengen sollen. Es hat was Gutes diese Trennung, keine Frage, also alles zu seiner Zeit, aber hier am Mäsenhof C fließt ineinander.
Julia Prantl: Das ist so. Inwiefern spielt denn auch für diese Gruppen die hier zum Arbeiten herkommen, diese Veränderung im Außen also außerhalb des Hofes die Natur, die Bergwelt, eine Rolle für die Arbeitsprozesse, für die Kreativprozesse, die da vielleicht entstehen?
Georg Gasteiger: Die Stadt ist ein gedrängter Raum. Der Innovation im Sinne von da funktioniert das mit dem Speed of Innovation. Wahnsinnig viele neue Ideen schnell, schnell, schnell raus damit. Und auf der philosophischen Ebene gibt es da die Forderung schon zu sagen, okay, Also super, dass ihr so viele Ideen habt, aber ist die Idee jetzt wirklich, wirklich gut? Wollt ihr sie nicht ein bisschen reflektieren? Nehmt euch doch Zeit. Und wenn es um die Enkeltauglichkeit geht und um die Nachhaltigkeit geht, sollte man sich halt ab und zu schon die Zeit nehmen, um fragen, okay, ist zwar eine gute Idee, lässt sich gut verkaufen, aber bringt es was im Sinne von der Gesellschaft, uns allen. Und es gibt natürlich eine Reihe von Kreativitätsstudien. Also die gibt es wie Sand am Meer, ob das jetzt Spaziergehforschung ist oder wo gute Ideen entstehen unter der Dusche, am Land, bei langweiligen Meetings im Vergleich zum spannenden Meetings also mehr in langweiligen Meetings. Also die Langeweile ist auch ein Thema natürlich. Das ist in Wirklichkeit auch immer die Empfehlung an Gruppen an Unternehmen, die zum ersten Mal zu uns kommen. Meistens organisiert ein Aufenthalt Assistenz der Geschäftsleitung oder HR und die fragen, was kann man bei euch machen, wir wollen das und das und Outdoor-Guide und zum See raus und keine Ahnung was. Räumt mal die Agenda ab. Lasst mal den Raum wirken und die Gemeinschaft wirken und lasst die Leute zusammenstehen bei einem Bier und lasst die Leute einfach rausgehen. Die Wiese beginnt direkt vor der Haustür bei uns. Und das ist dann eh so.
Julia Prantl: Auf deiner Website steht auch, wenn man hier ankommt, dann spürt man die sogenannte Alpine-Togetherness. Was bedeutet der Begriff für dich?
Georg Gasteiger: Ja, also beginnen wir vielleicht mal mit dem Wort Togetherness. Das ist so bisschen als Gegenkonzept gedacht zu sagen den gängigen touristischen Konzepten wie Wellness und Selfness. Also hat ihre Berechtigung keine Frage in diesen Zeiten des Wandels und der Krisen. Da ist man natürlich oft schon auch mit sich selbst überfordert Deswegen ist Selfness und Wellness ganz gut. Aber hier am Mesnerhof, wir sind communities-based, wir pflegen die Togetherness. Und jetzt sind wir halt auf 1000 Meter, in den Bergen Tirols und die Berggemeinschaft die ist ja hinreichend in der Literatur und natürlich auch aus der Erfahrung beschrieben, was das heißt. Wenn man gemeinsam auf die Berge geht, einer geht voran. Aber es ist eine Seilschaft, es kommt auf jeden drauf an. Also es tut sich was in die Hierarchie. Ich sage immer, es gibt auch hier eine gewisse Hierarchielosigkeit dann plötzlich. Vielleicht eine kurze Anekdote zu dem. Also Unternehmen kommen ja quasi mit ihren Hierarchien zu uns und da gibt es im Vorfeld schon einmal die Angst, ob denn überhaupt der CEO sein Bett selber aufbetten wird. Und da sage ich, das ist bei uns so wir heißen Camp und Cabin und wir sind hüttenähnlich Und was passiert dann? Die sogenannten Chefleute fügen sich komplett in das Hüttenleben ein, betten natürlich selber auf, sagen dann, das haben sie das letzte Mal im Internat gehabt und so, das finden sie super. Und wenn es dann ans gemeinsame Kochen geht, dann ist es jetzt auch nicht so, dass der CEO sagt, wie das zu kochen, sondern der fängt einfach an zu schnippeln. Schnippelt, schnippelt, schnippelt Eine halbe Stunde tut nichts anderes als schnippeln. Und da tut sich was. Und das ist so ein bisschen Anekdotenhaft ist, was ich für Alpine-Togetherness verstehe. Vielleicht noch ein Aspekt der Alpine-Togetherness. Und da geht es halt auch ein bisschen darum, dass sie den Naturraum Berge respektvoll begegnen. Hier geht es auch um Rücksichtnahme der Nachbarschaft gegenüber, dem Pfarrer, der daneben lebt. Also dieses Rücksichtnehmen aufeinander auf die Natur, das ist auch ein Aspekt der Alpine-Togetherness.
Julia Prantl: Lieber Georg Gasteiger, vielen Dank für dieses spannende Gespräch und die Zeit am Mesnerhof zu sehen. Ja, vielen herzlichen Dank für das wirklich sehr, sehr angenehme Gespräch. Und natürlich würde es mich freuen, wenn der eine oder andere den Weg nach Steinberg ins schönste Ende der Welt finden würde, weil 90 Prozent der Tiroler waren noch nicht da.
Klaus Brunner: Ja, da nichts wie hin, würde ich sagen.
Julia Prantl:Ich war wirklich verwundert, weil ich selbst noch nie da war, obwohl ich ja im Sommer sehr gerne zum Achensee zum Schwimmen hinfahre. Alle Infos zum Mesnerhof See und Steinbad Amrofan haben wir natürlich für euch in den Shownotes verlinkt.
Klaus Brunner: Ja, bevor wir für diesen Hörausflug zum Ende kommen, kurz und knackig... Kurioses und Merkwürdiges rund um Workation in Tirol. Ja, der deutsche Dichter Heinrich Heine hat schon im 19. Jahrhundert in Tirol Workation gemacht. Er war wahrscheinlich unterwegs nach Italien und hat über Tirol geschrieben, die Tiroler sind schön, heiter ehrlich, brav und von einer unergründlichen Geistesbeschränktheit. Besser weggekommen ist Tirol bei Goethe, der ebenfalls in Innsbruck Station gemacht hat. Dieser schrieb, Innsbruck liegt herrlich in einem breiten reichen Tale zwischen hohen Felsen und Gebirgen.
Klaus Brunner: Ja, das klingt doch viel netter. Deswegen ist wahrscheinlich dem Goethe ein Wanderweg hoch über Innsbruck gewidmet und dem Heine nicht. Workation gibt es also schon sehr lange. Der Boom hat nicht erst mit der Pandemie begonnen, obwohl die ihn sicherlich verstärkt hat. Vielleicht noch ein Fun Fact. Ein Viertel der Deutschen hat schon vom Ausland aus gearbeitet. Stolze 13 Prozent haben aber ihren Arbeitgeber gar nicht darüber informiert.
Julia Prantl: Ja, und weil ich sonst wenig merkwürdiges zum Thema finden konnte, habe ich Curioses Workation in der Suchmaschine eingegeben Und siehe da, man bekommt Werbung für schallisolierte Telefonboxen fürs Büro. Eine nicht ganz so idyllische Lösung für eine kurze Pause vom Büroalltag.
Klaus Brunner: Ja das war's vom heutigen Hörausflug. Wer jetzt Lust auf eine Workation in Tirol bekommen hat, findet die schönsten und außergewöhnlichsten Orte zum Arbeiten und Urlauben in den Shownotes. Vielen Dank fürs Zuhören. Wir freuen uns, wenn ihr auch beim nächsten Hörausflug wieder mit dabei seid.
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